"Man muss sagen, dass sich die Dramatik leider immer mehr zuspitzt", sagt der Immobilienmarktexperte vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW), als er am Donnerstag den Studentenwohnreport 2023 vorstellt. Nicht nur werden immer weniger Wohnungen und WG-Zimmer für Studierende angeboten, sie werden auch immer teurer. Für die jungen Menschen bedeute das eine "hohe Belastung". In Zahlen ausgedrückt sieht die Belastung wie folgt aus: Im Vergleich zum Vorjahr sind die Kaltmieten in allen 38 untersuchten Hochschulstandorten gestiegen – im Schnitt um 6,2 Prozent. Zusätzlich sind die Nebenkosten deutlich gestiegen: Allein die Heizkosten haben sich seit Anfang 2022 um durchschnittlich 43 Prozent erhöht.
"Die Entwicklung in den letzten zwölf Monaten ist nicht gerade vorteilhaft für die Studierenden", fasst es Voigtländer zusammen. Im Gegenteil: Viele stehen vor der Frage, wie sie ihre Wohnung oder ihr WG-Zimmer überhaupt bezahlen sollen. Denn, das offenbart der Studentenwohnreport ebenfalls, das Einkommen von Studentinnen und Studenten stagniert. In der Stadt zu wohnen, in der sie studieren, wird für viele zum Luxus. Wie teuer eine Wohnung für Studierende sein kann, haben der Finanzdienstleister MLP und das IW in ihrem Report für eine studentische Musterwohnung berechnet. Diese ist 30 Quadratmeter groß und liegt in direkter Umgebung zur Hochschule.
Am meisten müssen Studentinnen und Studenten für diese Wohnung in Frankfurt bezahlen, nämlich 696 Euro Warmmiete pro Monat. Damit hat Frankfurt den bisherigen Spitzenreiter München als teuersten Studienort abgelöst – wenn auch nur mit knappem Vorsprung. In der bayerischen Landeshauptstadt sind die Mieten gerade einmal einen Euro günstiger.
Platz drei der teuersten Studienorte belegt Stuttgart mit 616 Euro pro Monat. Danach folgen Bonn (598 Euro), Darmstadt (571 Euro) und Freiburg (570 Euro). In etwa das gleiche Ranking ergibt sich bei den Mietkosten für ein WG-Zimmer von 20 Quadratmetern in derselben Wohnlage. Auch da ist Frankfurt mit 494 Euro Miete pro Monat Spitzenreiter, gefolgt von München (480 Euro), Bonn (457 Euro) und Stuttgart (456 Euro).
Die Preise verdeutlichen: Studentinnen und Studenten, die im Westen oder Süden Deutschlands studieren wollen, brauchen prinzipiell mehr Geld zum Leben und Wohnen als die, die einen Studienort im Norden und Osten Deutschlands wählen. Am günstigsten sind die Mietkosten für die Musterstudentenwohnung in Magdeburg. Dort zahlen Studenten und Studentinnen nur 282 Euro Warmmiete pro Monat. Das ist fast 60 Prozent weniger als in Frankfurt. Auch Chemnitz (294 Euro), Göttingen (377 Euro) und Leipzig (384 Euro) sind im Vergleich dazu relativ günstig.
Die Studierenden müssten sich in Zukunft also genau überlegen, wo sie studieren wollen beziehungsweise können, meint Immobilienmarktexperte Voigtländer. Die Nettokaltmieten zu betrachten reiche nicht mehr, sondern auch den energetischen Zustand einer Immobilie müssten Mieterinnen und Mieter berücksichtigen. Hoffnung auf Besserung ist nicht zu erwarten: "Ich kann jetzt auch keine Beruhigung für die nächsten Jahre geben, nach dem Motto: Das wird besser", sagt Voigtländer. Zurzeit gebe es einen dramatischen Rückgang beim Wohnungsbau, was dazu führt, dass Studentinnen und Studenten, aber auch anderen Mieterinnen und Mietern in Zukunft noch weniger Wohnungen zur Verfügung stehen werden.
Die Bundesregierung will der Wohnungsnot mit dem Programm "Junges Wohnen" entgegenwirken. Sie hatte den Bundesländern im laufenden Jahr 500 Millionen Euro für den Bau von Studenten- und Azubiwohnheimen im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus bereitgestellt. Bauministerin Klara Geywitz (SPD) will dieses Programm um zwei Jahre verlängern, sodass insgesamt 1,5 Milliarden Euro bereitstünden.
Das sei zwar ein hilfreicher Schritt, meint Voigtländer. "Aber kurzfristig wird das alles nicht wirken." Er spricht sich für steuerliche Anreize, vermehrte Baulandausweisungen und eine "Entbürokratisierung der Baunormen und Genehmigungsverfahren" aus. "Insbesondere für den Bau kleiner und günstigerer Wohnungen wären einfachere Vorgaben entscheidend", sagt er.
Dass Wohnungen fehlen, führt dazu, dass immer mehr Studentinnen und Studenten inzwischen zu Hause wohnen bleiben. Das sei eine Reaktion, die angesichts der hohen Mietpreise teilweise notwendig sei, so der Experte. Die Wohnungsnot hat aber noch andere Folgen: "Junge Menschen werden in ihren Bildungschancen zunehmend limitiert." Das heißt, sie wählen vielleicht nicht das Studium, das am besten zu ihnen passt, sondern eines, das mit geringen Lebenshaltungskosten verbunden ist. "Das sollte uns Sorgen machen."
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