Die Hochwasserlage in Deutschland und seinen östlichen Nachbarländern Österreich, Tschechien und Polen hat sich in den letzten Tagen drastisch verschärft. Was zunächst mit starkem Regen begann, hat inzwischen großflächige Überschwemmungen und katastrophale Zustände verursacht. Tausende Menschen sind betroffen, Evakuierungen wurden in mehreren Ländern angeordnet und auch Todesopfer sind zu beklagen.
In Deutschland hielten sich die Folgen des Unwetters im Vergleich zu den Nachbarländern bislang in Grenzen. Vor allem der Südosten Bayerns verzeichnete einige Überschwemmungen, insbesondere in den Regionen Oberbayern, Niederbayern und der Oberpfalz. Laut dem Hochwassernachrichtendienst Bayern sind einige Straßen überschwemmt, und vereinzelt liefen Keller voll, doch schwere Schäden oder größere Evakuierungen blieben bisher aus. Trotzdem bleiben die Behörden in Alarmbereitschaft, da für den späteren Sonntag und Montag weitere starke Regenfälle erwartet werden.
Die Elbe in Sachsen hat bereits die Alarmstufe 2 erreicht, und auch in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden bereitet man sich auf mögliche Überschwemmungen vor. Die Stadt ist besonders wachsam, da in den kommenden Tagen mit einem weiteren Anstieg des Pegels gerechnet wird.
Während die Lage in Deutschland noch vergleichsweise ruhig ist, herrscht in Tschechien Chaos. In den Grenzregionen zu Polen, insbesondere in Städten wie Opava, mussten Tausende Menschen aus ihren Wohnungen evakuiert werden. Ganze Siedlungen stehen unter Wasser, und in einigen Gebieten drohen Schlammlawinen, wie es im Gebirgsort Mala Upa der Fall ist, der von der Außenwelt abgeschnitten wurde.
Besonders dramatisch ist die Situation im Südwesten Tschechiens, wo die Talsperre Husinec im Böhmerwald überlief und weite Landstriche überflutete. Über 250.000 Haushalte sind landesweit ohne Strom, da durch den aufgeweichten Boden zahlreiche Bäume auf Stromleitungen stürzten. Der Bahnverkehr ist ebenfalls stark beeinträchtigt: Rund 40 Bahnstrecken mussten aufgrund von umgestürzten Bäumen und überschwemmten Gleisen gesperrt werden. Die wichtige Hauptstrecke zwischen Prag und Ostrava stand im Bahnhof Studenka komplett unter Wasser, und viele Eurocity-Verbindungen nach Polen und in die Slowakei fielen aus.
Vier Menschen werden in Tschechien weiterhin vermisst, nachdem sie von den Wassermassen mitgerissen wurden. Besonders betroffen sind die Regionen Mähren und der Böhmerwald, wo ganze Dörfer evakuiert wurden.
In Polen forderte die Hochwasserkatastrophe bereits ein erstes Todesopfer. Ein Mann ertrank im Bezirk Klodzko, als sein Dorf von den Fluten eingeschlossen wurde. Polens Regierungschef Donald Tusk bestätigte den tragischen Vorfall und rief die Bevölkerung dazu auf, den Anweisungen der Behörden zu folgen und Evakuierungsmaßnahmen ernst zu nehmen. Die Lage sei in vielen Gebieten "dramatisch".
Besonders im Südwesten Polens, in den Regionen Niederschlesien und Oberschlesien, sind die Pegel der Flüsse stark gestiegen. In Klodzko, das etwa 100 Kilometer südlich von Breslau liegt, stieg der Wasserstand der Glatzer Neiße auf mehr als 6,5 Meter – ein gefährlich hoher Wert, der weit über dem Normalpegel von einem Meter liegt. Die Behörden haben weitere Evakuierungen angeordnet, und viele Menschen mussten ihre Häuser verlassen.
In Österreich spitzt sich die Lage weiterhin zu. Besonders Niederösterreich, das Bundesland, das die Hauptstadt Wien umgibt, wurde aufgrund der anhaltenden Regenfälle zum Katastrophengebiet erklärt. Zahlreiche Flüsse und Bäche, darunter die Pielach und der Kamp, traten über die Ufer, und viele Straßen wurden unpassierbar. Die Feuerwehr ist ununterbrochen im Einsatz und muss in einigen Fällen Schlauchboote nutzen, um eingeschlossene Menschen zu retten. Eine Person geriet mit ihrem Auto in die Wassermassen und musste von Rettungskräften befreit werden.
Laut Stephan Pernkopf, dem stellvertretenden Landeshauptmann von Niederösterreich, drohen massive Überflutungen und Hangrutschungen. Es seien bereits Dutzende Orte von der Außenwelt abgeschnitten. Auch in der Hauptstadt Wien kam es zu ersten Einschränkungen im öffentlichen Nahverkehr, als vorsorglich zwei U-Bahn-Linien teilweise eingestellt wurden.
Die schwerste humanitäre Krise ereignete sich in Rumänien, wo das Hochwasser bereits fünf Todesopfer gefordert hat. Besonders betroffen ist die südöstliche Region Galati. In dem Dorf Slobozia Conachi standen hunderte Häuser unter Wasser, und Rettungskräfte mussten die Menschen teils bis zum Oberkörper im Wasser stehend evakuieren. Präsident Klaus Iohannis sprach von „dramatischen Folgen“ des Klimawandels und forderte verstärkte internationale Anstrengungen zur Bewältigung solcher Katastrophen.
Der Bürgermeister von Slobozia Conachi, Emil Dragomir, bezeichnete die Situation als „Katastrophe epischen Ausmaßes“, nachdem allein in seiner Gemeinde 700 Häuser überschwemmt wurden.
Das Unwetter, das derzeit über Mittel- und Osteuropa hinwegzieht, wird von einem Tiefdruckgebiet ausgelöst, das starke Regenfälle und Sturmböen mit sich bringt. Experten sehen in der zunehmenden Häufigkeit solcher Extremwetterereignisse einen deutlichen Hinweis auf die Folgen des Klimawandels. Viele der betroffenen Regionen hatten bereits in der Vergangenheit mit schweren Überschwemmungen zu kämpfen, doch die Zerstörungen durch die aktuellen Regenfälle und Fluten könnten in einigen Gebieten neue Rekordwerte erreichen.
Die internationalen Hilfsmaßnahmen laufen auf Hochtouren. Militär und Katastrophenschutzorganisationen unterstützen die örtlichen Behörden in den betroffenen Ländern. Der Einsatz von moderner Technologie wie dem Starlink-Internetsystem in Polen könnte die Kommunikation in den Krisengebieten verbessern und den Helfern vor Ort zugutekommen.
Es wird befürchtet, dass die Pegel in den nächsten Tagen weiter steigen könnten, vor allem wenn die erwarteten Regenfälle eintreffen. Auch in Deutschland bleiben die Behörden in Alarmbereitschaft, während die Bevölkerung in Polen, Tschechien, Österreich und Rumänien auf weitere Evakuierungen vorbereitet wird. Die kommenden Tage werden entscheidend sein, um das volle Ausmaß dieser Katastrophe abschätzen zu können.