Mit dem sich abzeichnenden Wahlsieg von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen 2024 hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bereits klare Erwartungen hinsichtlich der Auswirkungen auf die transatlantischen Beziehungen geäußert. Scholz erklärte, dass ein weiterer Präsident Trump in den Vereinigten Staaten „alles anders“ gestalten werde, wie der Republikaner bereits in der Vergangenheit betont habe. Für die Bundesregierung bedeute dies, schnell Arbeitsbeziehungen mit der künftigen US-Regierung aufzubauen und ihre politischen Standpunkte daraufhin anzupassen.
In seiner Stellungnahme hob Scholz hervor, dass die Wahl eines US-Präsidenten immer weitreichende Folgen für die internationale Politik habe, nicht nur für Amerika selbst. Trump werde sein Amt in einer Zeit großer Krisen übernehmen, in der den USA eine zentrale Rolle bei der Lösung internationaler Herausforderungen zukomme. Besonders in Zeiten geopolitischer Spannungen – etwa in Europa, dem Nahen Osten und Asien – werde der Einfluss der Vereinigten Staaten von entscheidender Bedeutung sein. Scholz betonte dabei, dass Deutschland und die USA in einer jahrzehntelangen Partnerschaft verbunden seien, die vor allem in Krisenzeiten ihre Stärke bewiesen habe.
Der Kanzler hob weiterhin hervor, dass die Bundesregierung unter Trump auf drei zentrale politische Schwerpunkte setzen wolle: Deutschland wolle ein verlässlicher transatlantischer Partner bleiben, sich für die Einheit der Europäischen Union einsetzen und deutlich machen, dass beide Seiten der transatlantischen Partnerschaft profitieren könnten.
Scholz zeigte sich zudem besorgt über die zunehmende Polarisierung in der US-amerikanischen Gesellschaft. Die tiefe Spaltung zwischen den politischen Lagern – Demokraten und Republikanern – sowie die zunehmenden Spannungen innerhalb der Bevölkerung seien in den letzten Jahren immer sichtbarer geworden. Die Polarisierung habe nicht nur Auswirkungen auf die politische Landschaft, sondern spalte zunehmend Familien und Gemeinschaften. Scholz äußerte seine Überzeugung, dass ein Land umso stärker und erfolgreicher sei, je mehr Einigkeit es unter seinen Bürgern gebe. In Bezug auf Deutschland wünschte er sich, dass auch hierzulande eine stärkere gesellschaftliche Kohäsion erzielt werde.
Bereits kurz nach dem Wahlsieg von Donald Trump kündigte Bundeskanzler Scholz an, eng mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron zu kooperieren. Beide führten ein Gespräch, in dem sie sich auf eine koordinierte Herangehensweise in Bezug auf die künftige US-Politik verständigten. Macron stellte in einer öffentlichen Mitteilung klar, dass Europa in einem neuen Kontext agieren müsse, um „ein geeinteres, stärkeres und souveräneres Europa“ zu schaffen. Dies würde sowohl die Zusammenarbeit mit den USA als auch den Schutz europäischer Interessen und Werte umfassen.
Die Reaktionen aus der konservativen Ecke der deutschen Politik fielen teils deutlich kritischer aus. CSU-Chef Markus Söder forderte nach dem Wahlsieg von Trump Neuwahlen in Deutschland. Er argumentierte, dass eine schwache und zerstrittene Bundesregierung wenig in der Lage sei, auf einen „gestärkten“ Donald Trump und dessen Regierungspolitik zu reagieren. Die transatlantische Partnerschaft bleibe zwar zentral, doch Deutschland müsse sich in einer zunehmend komplexen geopolitischen Welt als starker Partner positionieren. Söder forderte eine deutliche Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf drei Prozent des BIP, statt der bisher vereinbarten zwei Prozent im Rahmen der NATO, sowie eine Rückkehr zur Wehrpflicht.
Neben einer Verstärkung der militärischen Ausgaben forderte Söder auch ein umfassendes wirtschaftliches Update Deutschlands, insbesondere in Bezug auf Steuern und Energiepreise, um mit den USA konkurrenzfähig zu bleiben. Diese Forderungen spiegeln die wachsende Besorgnis wider, dass Deutschland in einer Welt, die zunehmend von strategischen und wirtschaftlichen Herausforderungen geprägt ist, nicht hinter den USA und anderen globalen Mächten zurückfallen darf.
Auch der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, äußerte sich ähnlich kritisch. Er forderte eine stärkere Führungsrolle Deutschlands in Europa und eine intensivere Zusammenarbeit mit den USA, was jedoch eine verstärkte militärische und wirtschaftliche Eigenständigkeit Deutschlands voraussetze. Dobrindt betonte, dass die transatlantische Partnerschaft in den kommenden Jahren stärker gefordert sein werde, wobei Deutschland nicht nur als Unterstützer, sondern als aktiver und selbstbewusster Partner auftreten müsse. Dies gehe nur mit einer starken politischen Führung und einer geeinten Europäischen Union.
Die mögliche Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus stellt die deutsche und europäische Außenpolitik vor große Herausforderungen. Während die Regierung Scholz weiterhin auf den engen transatlantischen Dialog setzt, sehen Kritiker in Deutschland vor allem die Notwendigkeit, die eigenen politischen und militärischen Fähigkeiten zu stärken, um in einer zunehmend unvorhersehbaren Weltpolitik handlungsfähig zu bleiben. Auch die politische Spaltung innerhalb Deutschlands, die durch die zerrissene Koalition und den wachsenden Einfluss von populistischen Bewegungen angeheizt wird, stellt eine Herausforderung dar, um als verlässlicher Partner auf internationaler Bühne agieren zu können.
Quellen: dpa, Der Spiegel, AFP