Die Wehrpflicht war in Deutschland im Juli 2011 nach 55 Jahren unter dem damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ausgesetzt worden, was in der Praxis einer Abschaffung von Wehr- und Zivildienst gleichkam. Dies auch, weil praktisch alle nötigen Strukturen aufgelöst wurden, obwohl die Wehrpflicht im Spannungs- und Verteidigungsfall wieder auflebt. Eine Wiedereinführung der Wehrpflicht stößt vor allem in der FDP, aber auch bei SPD und Grünen auf Widerstand.
Söder plädierte zugleich dafür, schon jetzt den freiwilligen Wehrdienst attraktiver zu machen. "Dazu gehört eine höhere finanzielle Unterstützung und ein Bonus für das spätere Studium oder die Ausbildung", sagte er. "Funktionierende Verteidigung ist der einzige Weg, in Zeiten neuer Bedrohungen und Kriege unsere Freiheit und unseren Wohlstand in Europa langfristig zu sichern."
Auch Oberst Ulrich Kirsch, langjähriger Chef des Bundeswehrverbands, spricht sich klar für eine Wehrpflicht aus. Er wisse zwar, dass die Wiedereinführung derzeit parteipolitisch keine Mehrheit habe. "Dennoch ist es dringend notwendig, genau darüber zu sprechen. Wir brauchen hierzu eine breite gesellschaftliche Debatte mit zeitnahem Ergebnis", sagte er dem Blatt. Der Bundeswehr fehlen nach seiner Darstellung derzeit rund 20.000 Männer oder Frauen.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) lässt aktuell wegen der veränderten Sicherheitslage nach dem russischen Angriff auf die Ukraine Modelle einer Dienstpflicht prüfen. Darunter ist das in Schweden praktizierte Modell, wo alle jungen Frauen und Männer gemustert werden und ein ausgewählter Teil Angebote für einen Dienst erhält. Es handelt sich um eine Art der Musterpflicht.