Dem Gebäudesektor kommt dabei eine besondere Rolle zu, denn nach Angaben der EU-Kommission sind Gebäude für rund 40 Prozent des Energieverbrauchs und rund ein Drittel der Treibhausgasemissionen in den 28 EU-Staaten verantwortlich.
Zwischenzeitlich stand zur Diskussion, Millionen Gebäuden eine höhere Energieeffizienzklasse zu verordnen. Laut Plänen der EU-Kommission sollte es dafür eine Skala von A bis G geben. Gestaffelt nach Jahren und Gebäudezustand sollten die Häuser nach und nach saniert werden. So hätte bis 2030 ein Gebäude mindestens die Klasse E und bis 2033 die Klasse D erreichen müssen. Los sollte es mit den am schlechtesten sanierten Häusern gehen. Von Bulgarien bis Schweden hätten das etliche Hausbesitzer betroffen. Die Widerstände waren deshalb gewaltig.
Mehrere Mitgliedsstaaten stellten sich gegen die Pläne - auch Deutschland. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) sagte im Frühjahr, sie werde keinem Vorschlag zustimmen, der einen technischen Sanierungszwang für einzelne Gebäude vorsehe. Ihr Ministerium bevorzuge dagegen einen Quartiersansatz, bei dem nicht das einzelne Gebäude, sondern eher ein Quartier, Stadtteil oder Dorf betrachtet werde.
Der Eigentümerverband Haus & Grund warnte davor, dass die Neufassung der Gebäuderichtlinie weitreichende Folgen für Deutschland haben werde und Wohnen "erheblich" verteuere. In den kommenden zehn Jahren müsste etwa ein Drittel aller Wohngebäude in Deutschland energetisch deutlich verbessert werden. Das betreffe vor allem Ein- und Zweifamilienhäuser, sagte Verbandschef Kai Warnecke. Viele Eigentümer könnten das nicht stemmen.
Die EU will weiterhin, dass der Energieverbrauch in Gebäuden sinkt. Dafür gibt es konkrete Ziele: Was Wohngebäude betrifft, müssen die Mitgliedsstaaten dafür sorgen, dass der Energieverbrauch bis 2030 um mindestens 16 Prozent und bis 2035 um mindestens 20 bis 22 Prozent sinkt. Für Gebäude, die nicht zum Wohnen gedacht sind, gibt es zudem Renovierungsziele. Hier ist vorgesehen, dass 16 Prozent der am wenigsten effizienten Gebäude bis 2030 renoviert müssen. Bis 2033 sollen es 26 Prozent sein. Die 28 Staaten dürfen aber selbst festlegen, wie sie das erreichen. Rat und Parlament müssend das Ganze aber noch offiziell bestätigen.
Was den Neubau betrifft, sollen neue Häuser ab 2030 klimaneutral sein. Bei neuen Gebäuden, die von öffentlichen Behörden genutzt werden, soll das schon 2028 der Fall sein. Wo technisch und ökonomisch möglich, müssen die Mitgliedsstaaten zudem dafür sorgen, Solaranlagen in öffentlichen Gebäuden und Gebäuden, die nicht zum Wohnen gedacht sind, einzubauen. Bis 2030 soll das auch in Wohngebäuden der Fall sein.
Den Staaten bleibt selbst überlassen, wie sie die Ziele erreichen. Die EU ordnet also keinen scharfen Sanierungszwang für einzelne Hausbesitzer an, wie teilweise befürchtet worden war. „Die EU verzichtet darauf, Hauseigentümern konkrete Sanierungspflichten aufzuerlegen", kommentierte Kai Warnecke, Präsident des Eigentümerverbandes Haus & Grund. Das sei ein gutes Ergebnis. Nichtsdestotrotz stünden die Hauseigentümer in Deutschland und ganz Europa vor enormen Herausforderungen, sagte er und bezog sich auf die nun auf den Weg gebrachten Einsparziele. Um die Klimaziele zu erreichen, pochte er auf eine CO2-Bepreisung, flankiert von einem Klimageld.
"Der gefundene Kompromiss orientiert sich an der Realität und überfordert weder die Familie im Einfamilienhaus auf dem Land noch den Bäckermeister mit kleiner Backstube und Verkaufsraum", sagte Bauministerin Geywitz. Man werde die Klimaziele einhalten, indem man beispielsweise ganze Quartiere einbeziehe. "Ich trete zudem dafür ein, dass wir zuerst Schulen, Feuerwehrwachen und andere öffentliche Einrichtungen sanieren", so die SPD-Politikerin.
Erleichterung auch in der Immobilienbranche. "Die Abkehr vom individuellen Sanierungszwang mit seinen unvorstellbar hohen Kosten ist eine gute Nachricht", sagte Andreas Beulich, Bundesgeschäftsführer des Immobilienverbandes BFD. Laut Schätzungen der staatlichen Kreditbank KfW wären insgesamt 254 Milliarden Euro nötig gewesen. "Die finanzielle Überforderung der Eigentümer und letztendlich auch der Mieter war von Anfang an unrealistisch, unsozial und zum Scheitern verurteilt." Zwang überzeuge nicht, sagte Beulich. Die Einsparung bei der Primärenergie über den gesamten Gebäudebestand der Mitgliedstaaten sei wesentlich erfolgsversprechender.
Die Deutsche Umwelthilfe zeigte sich enttäuscht. "Die EU-Einigung zur Gebäuderichtlinie trägt unübersehbar die Handschrift der aktuellen gebäudepolitischen Blockadehaltung in Deutschland", sagte Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. Die Bundesregierung habe die Mindesteffizienzvorgaben für Wohngebäude ausgehöhlt und damit das zentrale Instrument für die dringend notwendige Sanierungsoffensive verspielt.
Nabu-Präsident Jörg Krüger kritisierte: "Die ambitionierten Ziele vom Verhandlungsbeginn wurden – auch durch die Intervention Deutschlands – jetzt weichgespült." Das sei weder gut fürs Klima noch sozial gerecht: Gerade in schlecht sanierten Gebäuden lebten oft Menschen mit niedrigen Einkommen, die auch noch mit hohen Energiekosten zu kämpfen hätten.