Die Wehrpflicht war im Juli 2011 nach 55 Jahren von dem damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ausgesetzt worden. Das kam in der Praxis einer Abschaffung von Wehr- und Zivildienst gleich, da auch alle Strukturen für die Musterung und Ausbildung einer größeren Zahl von Soldaten abgeschafft wurden.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) lässt derzeit wegen der veränderten Sicherheitslage nach dem russischen Angriff auf die Ukraine Modelle einer Dienstpflicht prüfen. Er hatte erklärt, auch das schwedische Wehrpflichtmodell in den Blick zu nehmen. "Dort werden alle jungen Frauen und Männer gemustert, und nur ein ausgewählter Teil von ihnen leistet am Ende den Grundwehrdienst. Ob so etwas auch bei uns denkbar wäre, ist Teil dieser Überlegungen", sagte er Mitte Dezember der "Welt am Sonntag".
Kritik kam vor allem aus der FDP und von den Grünen, aber auch die SPD-Vorsitzende Saskia Esken ging auf Distanz zu dem Vorstoß. Die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl, forderte daraufhin, im neuen Jahr eine sachliche Debatte über die Modelle für einen allgemeinen Dienst in Bundeswehr und Zivilorganisationen zu führen.
Söder, der auch bayerischer Ministerpräsident ist, sagte der "Bams": "Wir müssen unser Land zu 100 Prozent verteidigungsfähig machen. Das bedeutet erstens: volle Ausrüstung, volle Munitionsdepots, volle Ausbildungsmöglichkeiten." Das Beschaffungswesen müsse man "revolutionieren". Nötig sei auch eine "Drohnenarmee mit 100.000 Drohnen für unsere Streitkräfte". Zudem brauche es eine moderne Infrastruktur mit neuen Kasernen, neuen Depotstrukturen und neuen Verwaltungseinheiten. "Nur so bekommen wir bei wachsender Bedrohungslage eine größere und stärkere Bundeswehr hin."
Zum Thema Wiedereinführung der Wehrpflicht sagte er: "Um eine vernünftige Grundausbildung zu gewährleisten, sollte diese mindestens sieben Monate dauern." Als Alternative könne man auch an eine allgemeine Dienstpflicht denken, die aber verfassungsrechtlich schwierig durchzusetzen sei. "Die Wehrpflicht würde für Männer gelten. Eine soziale Dienstpflicht für alle", erklärte Söder. "Wobei natürlich die Bundeswehr offen für Frauen ist."
Schon jetzt solle man anfangen, den freiwilligen Wehrdienst zu stärken, meinte der CSU-Chef. "Das bisherige Angebot ist nicht attraktiv genug. Alle, die freiwillig ein Jahr dienen, sollten einen Bonus erhalten: zum Beispiel die Reduzierung des Numerus clausus fürs Studium, den Erlass von Praxissemestern oder eine Verkürzung der Ausbildungszeit." Außerdem sollte der Dienst besser bezahlt werden. "All das muss natürlich auch bei einem Grundwehrdienst gelten."