Frankreich befindet sich derzeit in einem politischen Vakuum, da die Suche nach einem neuen Premierminister weiterhin andauert. Inmitten dieser Unsicherheit hat der frühere Premierminister Edouard Philippe unerwartet seine Ambitionen für das höchste Staatsamt des Landes bekannt gegeben. Seine Ankündigung, die während einer Krise in der Regierungsbildung gemacht wurde, hat sowohl Aufmerksamkeit als auch Kontroversen ausgelöst.
In einem Interview, das am Dienstagabend von der französischen Zeitschrift Le Point veröffentlicht wurde, erklärte Philippe, dass er ernsthaft über eine Kandidatur für das Präsidentenamt nachdenke und dabei nicht ausschließe, dass Präsident Emmanuel Macron möglicherweise vorzeitig zurücktreten könnte. "Was ich vorschlagen werde, wird gewichtig sein", sagte Philippe und stellte klar, dass seine Entscheidung weitreichende Konsequenzen haben könnte.
Die Reaktionen auf Philippes Ankündigung ließen nicht lange auf sich warten. Kritiker werfen ihm vor, sein persönliches Interesse über das Wohl des Landes zu stellen. "Mitten in der Krise denkt er nur an sich", sagte die grüne Politikerin Sandrine Rousseau. Diese Aussage bezieht sich auf die anhaltende Schwierigkeit, eine voll handlungsfähige Regierung zu bilden. Auch Laurent Jacobelli, Sprecher der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National (RN), äußerte sich kritisch: "Er redet von sich in einem Moment, in dem die Franzosen erwarten, dass man sich um sie kümmert."
Frankreich hat seit mittlerweile 50 Tagen keine voll funktionsfähige Regierung. Die vorgezogene Parlamentswahl, die Präsident Macron nach dem Wahlsieg der Rechtspopulisten bei der Europawahl im Juni ausgerufen hatte, hat zu einer fragmentierten politischen Landschaft geführt. Die derzeitige Regierung ist nur noch geschäftsführend im Amt, und es gibt bisher keinen Kandidaten für das Amt des Premierministers, der ein Misstrauensvotum bestehen könnte.
Philippes Entscheidung, sich öffentlich zu einem möglichen Präsidentschaftswahlkampf zu bekennen, überrascht vor allem durch ihren Zeitpunkt. Der 53-jährige Politiker, der in der Vergangenheit als Premierminister unter Macron amtierte, stellte nicht klar, ob er für die reguläre Präsidentschaftswahl im Jahr 2027 oder für eine mögliche vorgezogene Wahl kandidieren würde. Trotz mehrfacher Aussagen von Macron, dass er nicht vor 2027 zurücktreten werde, deutet Philippe an, dass auch ein vorzeitiger Wechsel möglich sei.
Edouard Philippe, der als Politiker des rechten Lagers gilt, wurde nach Macrons Wahlsieg 2017 zum Premierminister ernannt. Während seiner Amtszeit sah er sich mit den Gelbwesten-Protesten und der Corona-Pandemie konfrontiert. Nach seiner Ablösung durch Jean Castex, der damals als unbekannter Bürgermeister aus den Pyrenäen in die Regierung eintrat, kehrte Philippe als Bürgermeister von Le Havre zurück und gründete die politische Bewegung "Horizons", die sich als unabhängig von den großen Parteien versteht.
Berichten des Magazins Politico zufolge hatte Philippe Präsident Macron nicht im Voraus über seine Pläne informiert, obwohl die beiden sich erst am Montag, dem Tag vor der Bekanntgabe, über die aktuelle Situation der Regierungsbildung beraten hatten.
Die Suche nach einem konsensfähigen Premierminister geht unterdessen weiter. Neben dem ehemaligen sozialistischen Premierminister Bernard Cazeneuve und dem konservativen Regionalpräsidenten Xavier Bertrand sind auch andere Namen im Gespräch. Dennoch besteht die Möglichkeit, dass Macron einen überraschenden Kandidaten präsentieren könnte, um die politische Landschaft zu stabilisieren.
In dieser Phase der Unsicherheit bleibt abzuwarten, wie sich die politische Situation entwickeln wird und ob Philippe's Ambitionen den Druck auf die derzeitige Regierung weiter erhöhen werden.
Quellen: Politico Europe, AFP, Reuters