Faeser verwies in ihrer Rede auf die geplante Reform des europäischen Asylsystems, gemeinsame Arbeit mit polnischen und tschechischen Behörden an den Grenzen und verstärkte Bundespolizei zur sogenannten Schleierfahndung. "Wir handeln also schon, wo Sie nur fordern." Sie wies zudem Berichte zurück, wonach eine Erleichterung des Familiennachzugs für Flüchtlinge geplant sei. Das habe sie im Moment nicht vor, sagte die Innenministerin.
Faeser warf ihrem Vorredner, CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, vor, mit seinen Äußerungen die Debatte anzuheizen. Vorschläge aus der Union für eine Migrationsobergrenze seien Populismus, der nur die Rechtsextremen stärke. "Gehen Sie nicht weiter auf dem Irrweg, Wahlkampf auf dem Rücken von Menschen zu machen, die vor Krieg und Terror bedroht sind." Es gebe keine einfachen Lösungen.
CSU-Landesgruppenchef Dobrindt will Geflüchtete mit Hilfe eines europäischen "Asyl-Schutzmechanismus" in Ländern außerhalb Europas unterbringen. "Das Recht auf Asyl heißt nicht zwingend, dass dieser Schutz in Europa gewährt werden muss", sagte er in einem Interview. Auch Drittstaaten könnten den Schutz der Menschen erfüllen, mit Hilfe eines Konzepts für einen europäischen Asyl-Schutzmechanismus.
Die Möglichkeit auf EU-Ebene, Asylverfahren uneingeschränkt in sicheren Drittstaaten durchzuführen, fordert auch die CDU/CSU-Fraktion in ihrem Antrag "Deutschland-Pakt in der Migrationspolitik - Irreguläre Migration stoppen", der am Freitag im Bundestag auf der Tagesordnung steht.
Die Union hatte zuletzt eine Obergrenze für die Aufnahme von Geflüchteten in Deutschland von 200 000 Menschen pro Jahr gefordert. "Alles darüber hinaus führt zum Verlust der Kontrolle", sagte Dobrindt. Deshalb müsse die Politik auch über neue Wege zur Bewältigung der Migration reden, "die irreguläre Migration spürbar zu reduzieren, um Bund, Länder und Kommunen zu entlasten". Die Liste der sicheren Herkunftsstaaten für beschleunigte Asylverfahren solle um Georgien, Moldau, Indien, Tunesien, Marokko und Algerien erweitert werden.
Nach dem Vorbild der Grenze zu Österreich sollten auch an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz Grenzkontrollen eingeführt werden. Mit relevanten Herkunftsstaaten sollten wirksame Vereinbarungen zur Rücknahme ihrer Staatsangehörigen abgeschlossen werden. Bund und Länder sollten ihre Anstrengungen zu freiwilliger Rückkehr und Abschiebungen verstärken.
Den Plan, irregulär eingereiste Menschen weiterzuleiten in Länder außerhalb Europas, hatte auch schon die britische Regierung geäußert. Sie wollte ungebetene Asylsuchende ungeachtet ihrer Herkunft und ohne Prüfung ihres Asylantrags ins ostafrikanische Ruanda befördern. Ein Gericht in London stoppte das Vorhaben von Premierminister Rishi Sunak in diesem Sommer vorerst. Menschenrechtler bezeichneten den Plan als Verstoß gegen internationale Verpflichtungen.
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann betonte im ZDF-"Morgenmagazin" den europäischen Ansatz in der Migrationspolitik. "Der Schlüssel der europäischen Verteilung ist ganz entscheidend", sagte sie.
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