Eine Mitgliederversammlung der Werteunion, deren Chef Maaßen seit dem vergangenen Jahr ist, machte nun den Weg frei in Richtung Parteigründung. Eine große Mehrheit der Mitglieder habe zugestimmt, das Namensrecht Werteunion auf die geplante neue Partei zu übertragen, sagte ein Sprecher. Die Entscheidung fiel hinter verschlossenen Türen. "Mitgliederversammlungen der Werteunion finden seit jeher unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt", hieß es zur Begründung. Kamerateams und Journalisten blieben draußen. Die Werteunion ist keine Parteigliederung der CDU, hatte aber lange deren Nähe gesucht.
Anfang Januar hatte Maaßen überraschend eine Parteigründung angekündigt. Er sorgte damit bundesweit für Aufmerksamkeit - die CDU-Führung äußerte sich offiziell nicht. Wird die Werteunion-Patei gegründet, wäre das Parteiausschlussverfahren gegen Maaßen erledigt - zwei Mitgliedschaften sind nicht möglich.
Maaßen, der dem Thüringer CDU-Landesverband angehört und der 2021 in Südthüringen erfolglos für den Bundestag kandidiert hatte, liebäugelt mit einem Antritt seiner Partei bei den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im September. "Die Partei könnte bereits bei den anstehenden ostdeutschen Landtagswahlen antreten und würde mit allen Parteien zusammenarbeiten, die diese Programmatik unterstützen und die zu einer Politikwende in Deutschland bereit sind", hatte er Anfang Januar erklärt. Die Parteigründung werde so zeitnah erfolgen, dass eine Teilnahme an den Landtagswahlen möglich sein sollte, hieß es nun auf der Internetseite der Werteunion. Inhaltlich steht Maaßen unter anderem für eine deutlich restriktive Flüchtlingspolitik und die Abschaffung einer "Duldung" von Geflüchteten.
Die geplante Parteigründung soll der Werteunion bereits Zulauf verschafft haben. Die Mitgliederzahl bewege sich von mehr als 4000 in Richtung 6000, sagte der Vize-Bundesvorsitzende Hans Pistner der dpa. In der Spitze habe es nach der Ankündigung etwa 700 Anträge an einem Tag gegeben. Jeder Antrag werde genau geprüft. "Wir wollen nicht überrannt werden, schon gar nicht von Extremisten", so Pistner. Viele ihrer Mitglieder gehören nach Angaben der Werteunion bisher einer der Unionsparteien an - sie spricht von bis zu 85 Prozent. Wie viele Maaßen folgen, wird sich zeigen. "Viele wollen wechseln. Die CDU will uns ja nicht", sagte ein Landesvorsitzender.
Die Bürger erwarteten ein Umsteuern in fast allen zentralen Politikbereichen, erklärte Maaßen nach der Mitgliederversammlung. In eine rechte Ecke will die Werteunion nicht gedrängt werden: Sie "distanziert sich klar, eindeutig und in aller Form von allen politisch-extremistischen Bestrebungen verfassungswidrigen oder verfassungsfeindlichen Charakters", erklärte sie. Einzelnen Mitgliedern werden allerdings rechtsextreme Verbindungen nachgesagt.
Die Chancen einer konservativen Partei quasi zwischen CDU/CSU, Freien Wählern und AfD sind umstritten - einige Politikwissenschaftler halten sie nicht für sehr groß. Ein erstes Umfrageergebnis gibt es seit einigen Tagen: Rund 15 Prozent der Bürgerinnen und Bürger können sich einer Umfrage zufolge vorstellen, sie zu wählen. In einer Umfrage des Instituts Insa im Auftrag der "Jungen Freiheit" antworteten fünf Prozent, sie könnten sich die Wahl einer Partei von Maaßen "auf jeden Fall" vorstellen, zehn Prozent können sich das eher vorstellen. Der Großteil der Befragten ist dagegen skeptisch: 62 Prozent gaben an, sich das "gar nicht" oder "eher nicht" vorstellen zu können.
Eine Maaßen-Partei wäre die zweite prominente Neugründung 2024. Anfang des Jahres hatte sich bereits das Bündnis Sahra Wagenknecht der ehemaligen Linke-Politikerin als Partei gegründet.Die Parteigründung werde so zeitnah erfolgen, dass eine Teilnahme an den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im September gewährleistet sein werde, erklärte die Werteunion. Die Mitgliederversammlung, zu der nach Angaben eines Sprechers einige Hundert Mitglieder der Werteunion nach Erfurt kamen, erfolgt unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Beide Parteien zielen auch darauf, der AfD Stimmen abzujagen.
CDU-Chef Friedrich Merz hatte bereits angekündigt, dass die CDU die Brücken zur Werteunion abbrechen will. Er wies darauf hin, dass die bislang dort sehr verbreitete gleichzeitige Mitgliedschaft in der CDU nach Gründung einer Partei "Werteunion" nach geltenden Regeln nicht mehr möglich sei. Wäre es nicht zur Parteigründung gekommen, wollte Merz einen Unvereinbarkeitsbeschluss zur Werteunion beantragen. Damit könnten CDU-Mitglieder auch in diesem Fall nicht länger Mitglied der Werteunion sein.
Die rechtskonservative Werteunion war 2017 gegründet worden. Sie verstand sich dabei als Sammelbecken für CDU- und CSU-Mitglieder, denen der Kurs der damaligen CDU-Chefin Angela Merkel zu wenig konservativ war. Zwei Mitglieder der Werteunion waren nach Recherchen des Netzwerks Correctiv bei dem Treffen mit Rechtsextremen im November in Potsdam dabei, wo es um Pläne für eine massenweise Vertreibung von Menschen mit Migrationshintergrund und auch deren Unterstützerinnen und Unterstützer ging.