Das erste Treffen fand am 13. Oktober statt: Bei Rotwein und Kalbsschnitzel sprachen beide gemeinsam mit den Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) und Boris Rhein (CDU) über Migration. In "guter Atmosphäre", so Merz noch am späten Abend in einem TV-Interview.
Danach: Funkstille. Und später: ein öffentlichkeitswirksamer Briefwechsel. Merz erneuerte in einem Schreiben an Scholz das Angebot einer Zusammenarbeit und schlug eine Verhandlungsgruppe aus Ampel und Union vor. Der Kanzler antwortete darauf, er wolle gemeinsam zu Vereinbarungen kommen, reagierte aber nicht auf den Vorschlag zur Bildung eines Verhandlungsteams.
Eine Einigung, wenn sie denn überhaupt von beiden Seiten ernsthaft angestrebt wird, ist trotz des Treffens an diesem Freitag in weiter Ferne. Im Ziel, die Migration begrenzen zu wollen, sind sich Merz und Scholz einig. So werden jedenfalls in Unionskreisen die jüngsten Äußerungen des Sozialdemokraten gewertet. Bei den konkret notwendigen Maßnahmen, wird es jedoch kompliziert: Beim ersten Treffen überreichte Merz dem Kanzler einen Forderungskatalog, in dem er unter anderem eine Asylobergrenze von 200.000 Menschen pro Jahr sowie die Einrichtung von Rückkehrzentren verlangt. Darauf reagierte Scholz bislang nicht.
Die Union machte in den vergangenen Wochen mehrmals deutlich, keinen "Formelkompromiss" mittragen zu wollen. Für die Schwesterparteien wäre das riskant. Würden sie Maßnahmen beschließen, die die Zahlen des Flüchtlingszuzugs nicht ausreichend senken, könnte die Wählerinnen und Wähler die Partei abstrafen, befürchten CDU-Leute. Der Erste parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, forderte die Ampel auf, "ihre Politik der Trippelschritte" zu beenden. "Spätestens jetzt ist der Moment für den großen Sprung gekommen", sagte Frei.
Ein weiterer Unsicherheitsfaktor sind die Koalitionspartner der SPD: Die Liberalen und Grünen sind der Ansicht, dass Merz und Scholz gerne reden könnten, Entscheidungen aber in der Regierung und im Parlament fielen. Bei den Grünen gilt es ohnehin als fraglich, ob sie weitreichende Maßnahmen mittragen würden. In der Union wird vermutet, dass der Kanzler Merz nutzt, um Druck auf die Ökopartei auszuüben.
Das kommt CDU und CSU aber gar nicht ungelegen, die derzeit keine Möglichkeit auslassen, um die Koalition zu triezen. So forderte etwa Fraktionsvize Jens Spahn den Kanzler auf, bei einzelnen Abstimmungen die Fraktionsdisziplin aufzuheben. Die Grünen müssten noch einen weiten Weg gehen, sagte Spahn der Funke-Mediengruppe. "Deswegen sagen wir ja: Herr Bundeskanzler, im Zweifel muss es in diesen Fragen ohne die Grünen gehen."
Am Montag treffen sich zudem die Ministerpräsidenten mit Scholz zum Migrationsgipfel. Eine Einigung gilt hier lediglich als Grundlage für einen weitergehenden, möglichen Deutschland-Pakt.