"Deutschland sollte in Absprache mit den Verbündeten schnell prüfen, ob das KFOR-Mandat komplett ausgefüllt wird, und weitere Soldaten in den Kosovo entsenden", sagte der Grünen-Politiker Anton Hofreiter, Vorsitzender des Europa-Ausschusses des Bundestags. Sein Fraktionskollege Philip Krämer äußerte sich ähnlich: "Auch die Bundesrepublik sollte prüfen, inwiefern weitere Kräfte der Bundeswehr im Rahmen des geltenden Mandats bereitgestellt werden können, auch wenn dies vor dem Hintergrund zahlreicher anderer Einsätze eine zusätzliche Belastung bedeuten würde."
Die Nato kündigte in der vergangenen Woche eine Aufstockung ihrer KFOR-Truppen an. Die Bundeswehr hat aktuell 85 Soldatinnen und Soldaten im Kosovo stationiert. Das zuletzt im Mai vom Bundestag verlängerte Mandat sieht bis zu 400 Bundeswehrkräfte vor Ort vor. "Da ist also, ohne das Mandat verändern zu müssen, noch deutlich Luft nach oben", sagte Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag. Der Verteidigungsausschuss behalte die Kosovo-Frage im Blick: "Sollte es also erforderlich werden, werden wir auch mehr dorthin verlegen", so die FDP-Politikerin.
Der SPD-Außenpolitiker Adis Ahmetović forderte: "Wir müssen das KFOR-Mandat mit mehr Streitkräften versehen." Serbiens Regierung setze die Stabilität in der Region aufs Spiel, sagte der Bundestagsabgeordnete und äußerte Zweifel an den Aussichten des EU-Beitrittskandidaten, der Staatengemeinschaft beizutreten: "Auch Serbiens Glaubwürdigkeit, Mitglied der EU werden zu wollen, ist durch Vorgänge wie diese immer stärker zu hinterfragen."
Die Unionsfraktion warf der Ampelregierung eine Mitschuld an der Eskalation im Streit zwischen Serbien und Kosovo vor. "Die Ampel hat die langjährige und erfolgreiche Führungsrolle Deutschlands auf dem Westbalkan ohne Not aufgegeben", sagte ihr verteidigungspolitischer Sprecher Florian Hahn (CSU).
Großbritannien hat bereits angekündigt, seine Präsenz im Rahmen der Nato-geführten Friedensmission KFOR zu erhöhen. Wie das Verteidigungsministerium in London am Sonntag mitteilte, sollen 200 zusätzliche Soldaten das bislang 400 Mann starke britische Kontingent als Teil einer jährlichen Übung im Kosovo verstärken. Man komme damit einer entsprechenden Anfrage des Verteidigungsbündnisses nach, hieß es in der Mitteilung.
Auslöser der neuen Spannungen war der Angriff eines 30-köpfigen, schwer bewaffneten serbischen Kommandotrupps auf kosovarische Polizisten im Nordkosovo vor einer Woche. Dabei waren drei serbische Angreifer sowie ein kosovarischer Polizist getötet worden. Zudem hat Belgrad zuletzt serbische Truppen rund um das Kosovo aufmarschieren lassen. Das heute fast ausschließlich von Albanern bewohnte Kosovo hatte sich 1999 mit Nato-Hilfe von Serbien abgespalten und 2008 für unabhängig erklärt. Mehr als 100 Länder, darunter auch Deutschland, erkennen die Unabhängigkeit an, nicht aber Serbien, das seine einstige Provinz zurückfordert.
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