Perspektivisch müssten alle Seiten auf eine Entspannung hinarbeiten; dabei nehme Serbien eine besondere Rolle ein, die unter besonderer Beobachtung stünde, betonte Pistorius nach einem Treffen mit Kosovos Staatschefin Vjosa Osmani. Auch im Nachbarland Serbien werde er im Lauf seiner weiteren Reise "auf Dialog und Deeskalation" hinweisen, versicherte der Minister.
Das 1,8-Millionen-Einwohner-Land Kosovo mit seiner mehrheitlich albanischen Bevölkerung hatte im Jahr 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt. Belgrad erkennt die Unabhängigkeit jedoch nicht an und betrachtet das Kosovo weiterhin als seine Provinz. Im Kosovo leben vor allem im Norden etwa 120.000 Serben.
Ende September war es im Nordkosovo zur schwersten Eskalation seit Jahren gekommen. Bei einem Angriff auf eine kosovarische Polizeipatrouille war ein Polizist getötet worden. Später verschanzten sich etwa 30 bewaffnete Männer in einem serbisch-orthodoxen Kloster. Drei bewaffnete Serben wurden bei Schusswechseln mit der Polizei getötet. Serbien verstärkte daraufhin seine Militärpräsenz an der Grenze zum Kosovo, was international Besorgnis auslöste.
Sowohl Serbien als auch das Kosovo gehören zu einer Gruppe von insgesamt sechs Ländern auf dem Westbalkan, die einen EU-Beitritt anstreben. Die EU verlangt von beiden Seiten, ein Abkommen zur Normalisierung der Beziehungen zu schließen.
"Bundeskanzler Olaf Scholz hat deutlich unterstrichen, dass die Zukunft des Westbalkan in der Europäischen Union liegt", betonte Pistorius. Der Beitritt aller sechs Westbalkanländer - Serbien, Kosovo, Bosnien-Herzegowina, Nordmazedonien, Albanien und Montenegro - sei "Priorität unseres Engagements", fügte er hinzu.
Auf dem Weg zum EU-Beitritt sei die zum 1. Januar erfolgte Visa-Liberalisierung im Kosovo "ein guter und wichtiger Schritt", sagte der Verteidigungsminister. "Jetzt braucht es dauerhafte wirtschaftliche und politisch rechtsstaatliche Stabilität in der Region, und wir brauchen sichtbare Fortschritte im Verhältnis zwischen Serbien und Kosovo." Seit Jahresbeginn dürfen Kosovaren ohne Visum in die Europäische Union einreisen.
Um die Sicherheit und Stabilität im Kosovo zu unterstützen, bleibe auch die von der Nato geführte Kfor-Mission weiter im Land präsent, versicherte Pistorius. Derzeit sind knapp 80 deutsche Soldaten an der Mission beteiligt, möglich wären laut Mandat bis zu 400 deutsche Soldaten. Im Frühjahr will die Bundeswehr ihre Präsenz im Kosovo verstärken.