Fast alle dieser Verfahren werden allerdings eingestellt. Nur sehr selten kommt es zu einer Anklage oder einem Strafbefehl. Diese Fälle waren zuletzt aber auch steigend. Nach je elf Anklagen und Strafbefehlsanträgen in 2018 und 2019 sank die Zahl 2020 auf acht, um dann auf 19 zu steigen. Dieser Trend schien sich im Jahr 2022 fortzusetzen: Zumindest wurden für das erste Halbjahr bereits zehn Anklagen und Strafbefehlsanträge registriert.
Auch beim vermuteten Amtsmissbrauch durch Polizisten stieg die Zahl der Verfahren. Waren es 2019 noch 611 Ermittlungsverfahren, stieg die Zahl 2020 auf 737 und 2021 auf 826 an. Das Niveau schien sich im Jahr 2022 fortzusetzen: Im ersten Halbjahr wurden 390 neue Verfahren eingeleitet. Auch diese Verfahren werden aber in aller Regel eingestellt. Zu Anklagen oder Strafbefehlsanträgen kam es 2018 in 13 Fällen, ein Jahr später in zwölf Fällen und 2020 in acht Fällen. Im Jahr 2021 gab es zehn Anklagen oder Strafbefehlsanträge. 2022 zeichnete sich eine Steigerung ab: Bereits in der ersten Jahreshälfte fanden neun Anklagen und Strafbefehlsanträge Eingang in die Statistik.
"Die Gesellschaft ist klagefreudiger geworden. Das betrifft auch polizeiliches Einschreiten", sagte der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Michael Mertens. Ein weiterer Faktor seien die vielen Handyvideos von Polizeieinsätzen. "Die kleinen Sequenzen geben oft einen falschen Eindruck wieder", sagte Mertens. Dass es nur in wenigen Fällen zu einer Anklage kommt, wertete er als gutes Zeichen. Zudem sei eine Anklage noch keine Verurteilung.
Mertens widersprach der Behauptung, wenn Polizisten gegen Polizisten ermitteln, "hacke eine Krähe der anderen kein Auge aus". "Meine Erfahrung ist, dass die ermittelnden Polizisten eher strenger sind, um sich diesem Vorwurf nicht auszusetzen. Außerdem ist die Staatsanwaltschaft Herrin des Verfahrens, nicht die Polizei", sagte Mertens. Zweifellos gebe es aber auch schwarze Schafe in den Reihen der Polizei und Beamte, die "Dinge machen, die nicht gut sind".
dp/fa