US-Präsident Joe Biden wurde am Montagabend mit großem Applaus beim Parteitag der Demokratischen Partei in Chicago empfangen. Die Delegierten jubelten ihm minutenlang zu und riefen "We love Joe!" ("Wir lieben Joe!"), als der 81-Jährige die Bühne betrat. Sichtlich gerührt antwortete Biden mit den Worten "Ich liebe Euch" und zeigte sich während des gesamten Abends emotional und reflektiert.
In seiner Rede betonte Biden, dass zwar noch viel zu tun sei, die USA jedoch auf dem richtigen Weg seien. Dabei wandte er sich direkt an seine Vizepräsidentin Kamala Harris und lobte sie als "zäh, erfahren und von enormer Integrität". Harris war bereits zu Beginn des Parteitags von Biden gewürdigt worden, der sie als die beste Entscheidung seiner politischen Karriere bezeichnete.
Die Nominierung von Harris als Präsidentschaftskandidatin der Demokraten für die bevorstehende Wahl im November wurde von Biden als eine wegweisende Entscheidung hervorgehoben. Der scheidende Präsident erklärte, er wolle der "beste freiwillige Wahlkampfhelfer" für Harris und ihren Vizekandidaten Tim Walz sein, obwohl er sich selbst aus dem Rennen um eine zweite Amtszeit zurückgezogen habe.
Ein besonders berührender Moment des Abends war der Auftritt von Bidens Tochter Ashley. In einer emotionalen Rede sprach sie über ihre Kindheit und die enge Bindung zu ihrem Vater, den sie als ihren "besten Freund" bezeichnete. Biden konnte seine Tränen nicht zurückhalten, als er seine Tochter umarmte und sich anschließend ans Herz fasste, während das Publikum ihn stürmisch bejubelte.
Auch seine Frau Jill Biden machte ihm auf der Bühne eine öffentliche Liebeserklärung und betonte, dass Familie für Biden immer an erster Stelle stehe. Sie beschrieb ihren Ehemann als einen Mann, der sich stets für das Wohl anderer einsetze und nannte dies einen der Gründe, warum sie sich immer wieder aufs Neue in ihn verliebe.
Mit Blick auf die verbleibenden fünf Monate seiner Amtszeit versprach Biden, seine Aufgaben als Präsident weiterhin gewissenhaft zu erfüllen. Doch der Parteitag in Chicago machte auch deutlich, dass die Zeit von Joe Biden als führende politische Kraft der Demokraten zu Ende geht. Sein Verzicht auf eine erneute Kandidatur war nicht nur das Ergebnis monatelanger interner Diskussionen über seine geistige und körperliche Fitness, sondern auch ein strategischer Schritt, um der nächsten Generation in der Partei den Weg zu ebnen.
Biden selbst wies Vorwürfe zurück, er sei wütend auf diejenigen in seiner Partei, die ihn zum Rückzug gedrängt hätten. Stattdessen betonte er seine Liebe zu seinem Land und seinen tiefen Respekt vor der Entscheidung, Platz für eine neue Führungspersönlichkeit zu machen.
Der Parteitag, der offiziell Kamala Harris gewidmet ist, markierte somit nicht nur den Beginn eines neuen Kapitels für die Demokratische Partei, sondern auch den emotionalen Abschied von einem Präsidenten, der eine der turbulentesten Phasen in der jüngeren US-Geschichte überstanden hat. Biden, der oft über den Schmerz sprach, den Verlust seines Sohnes Beau zu verkraften, und der zugleich die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Schwierigkeiten seines anderen Sohnes Hunter lenkte, fand an diesem Abend Trost in der Unterstützung seiner Familie und der Delegierten.
Während die Aufmerksamkeit nun verstärkt auf Kamala Harris und ihre Präsidentschaftskandidatur gelenkt wird, bleibt Biden in einer ungewöhnlichen Rolle. Er wird bis zum Ende seiner Amtszeit weiter regieren, doch die Hauptbühne gehört nun anderen. Harris, die erste afroamerikanische und asiatisch-amerikanische Frau, die das höchste Amt im Land anstrebt, hat bereits großen Enthusiasmus in der Partei ausgelöst. Der Parteitag in Chicago wurde somit zum symbolischen Übergang – von einer Ära der Bewältigung hin zu einer Ära der Erneuerung.
Während der Auftakt des Parteitags von großer emotionaler Resonanz geprägt war, wurde das Ereignis von größeren Protesten begleitet. Demonstrationen, die sich gegen die militärische Unterstützung der USA für Israel richteten, führten zu einigen Spannungen vor dem Veranstaltungsort. Obwohl die Polizei vier Personen festnahm, blieb der Großteil der Proteste friedlich.
Joe Biden nutzte seinen Auftritt in Chicago, um die Demokraten zu vereinen und sie auf die kommende Wahl vorzubereiten. Er hinterlässt ein Land, das mit vielen Herausforderungen konfrontiert ist, aber auch mit der Hoffnung auf eine neue Führung, die den eingeschlagenen Kurs fortsetzen könnte. Seine emotionale Rede in Chicago wird als eine der letzten großen öffentlichen Auftritte eines Mannes in Erinnerung bleiben, der die Höhen und Tiefen einer beispiellosen politischen Karriere durchlebt hat.