Die Ukraine verteidigt sich seit fast zwei Jahren gegen eine russische Invasion - heute ist der 700. Kriegstag. Durch die russischen Raketenangriffe wurden nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj 18 Menschen getötet und etwa 130 Menschen verletzt. Er schlüsselte die Angaben nicht auf. Bis dahin hatten ukrainische Stellen etwas niedrigere Zahlen genannt.
In Charkiw sei ein ganz normales Hochhaus getroffen worden, in dem normale Menschen lebten, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. "Ein normales Leben ist das, was das moderne Russland als Bedrohung für sich ansieht." Doch Russland solle wissen, dass die Ukraine einen langen Arm habe. "Der russische Krieg wird auf jeden Fall nach Hause zurückkehren - dorthin, wo dieses Übel herkommt."
An den Beratungen über Militärhilfen für die Ukraine, dem sogenannten Ramstein-Format, nahmen nach Angaben von US-Verteidigungsminister Austin etwa 50 Staaten teil. In der Videokonferenz bat er seine Kollegen, Kiew möglichst viele Waffen zu liefern. Neue Zusagen der USA gab es nicht, denn dort blockiert innenpolitischer Streit die künftige Finanzierung der Ukraine-Hilfen. Der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umjerow sprach davon, dass seine Streitkräfte viel mehr Artilleriemunition bräuchten. "Und es ist absolut notwendig, dass wir das Netz unserer Flugabwehr erhalten", sagte er nach Angaben seines Ministeriums.
Deutschland sagte bei den Beratungen die Militärtransporthubschrauber aus Bundeswehrbeständen zu. Verteidigungsminister Pistorius (SPD) lobte den Sea King als bewährten und robusten Hubschrauber, "der den Ukrainern in vielen Bereichen helfen wird: bei der Aufklärung über dem Schwarzen Meer bis hin zum Transport von Soldaten". In Deutschland setzen die Marineflieger die Sea King Mk41 zur Seenotrettung auf der Nord- und Ostsee ein. Die etwa 50 Jahre alten Maschinen sollen durch den neuen Marinetransporthubschrauber NH-90 Sea Lion ersetzt werden.
Der schleppende Nachschub an Artilleriemunition wurde auch vom ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba bemängelt. Er kritisierte das Hochfahren der Rüstungsproduktion in westlichen Unterstützerländern als zu langsam. "Wir schätzen alles, was wir erhalten, aber das Ausmaß des Krieges verlangt mehr", sagte er in einem Interview von "Bild", Welt TV und "Politico" in Kiew.
Offiziere und Soldaten berichteten ihm immer wieder, dass Russland bei der Versorgung mit Artilleriemunition klar überlegen sei, sagte Kuleba. Ein Grund dafür seien Lieferungen aus Nordkorea an Moskau. "So lächerlich es auch klingen mag, aber es scheint so, dass Nordkorea ein effizienterer Partner für Russland ist als die Freunde, die versuchen, die Ukraine mit Artilleriemunition zu versorgen." Die EU hat zwar versprochen, bis zu diesem Frühjahr eine Million Geschosse zu besorgen, läuft diesem Ziel aber hinterher.
Der neue slowakische Ministerpräsident Robert Fico kommt in die westukrainische Grenzstadt Uschhorod in den Transkarpaten, wo er den ukrainischen Ministerpräsidenten Denys Schmyhal treffen wird. Fico ist für Kiew ein schwieriger Partner. Die Slowakei trägt zwar die EU-Sanktionen gegen Russland mit und befürwortet anders als Ungarn auch eine EU-Perspektive für die Ukraine. Einen Nato-Beitritt lehnt Ficos Regierung aber ab. Er ist der Meinung, dass der Krieg für die Ukraine nicht zu gewinnen sei und eine nichtmilitärische Lösung gefunden werden müsse.