CSU-Chef Söder wiederholte nach einer Sitzung des CSU-Vorstandes in München die Forderung nach einer Obergrenze in Höhe von rund 200 000 Asylbewerbern pro Jahr in der Bundesrepublik. "Es braucht eine Integrationsgrenze als Richtwert für unser Land", sagte er. Neu ist das Thema nicht: Schon Söders Vorgänger Horst Seehofer (CSU) hatte in Folge der Flüchtlingsbewegung nach 2015 eine solche Grenze vorgeschlagen. Er war damit auf Widerstand bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gestoßen. Nach langem Streit einigten sich beide 2017 auf einen Richtwert von 200 000 pro Jahr.
Kritik an dem Vorstoß kam aus anderen Parteien: Rund drei Wochen vor der Wahl in Bayern habe Söder "wieder zur großen Keule ausgeholt" und mache Politik auf dem Rücken von Migrantinnen und Migranten, sagte SPD-Chef Lars Klingbeil in Berlin. Grünen-Chefin Ricarda Lang sprach von "Nebelkerzen". Weder Söder noch andere, die so etwas forderten, hätten bislang Vorschläge gemacht, wie das umgesetzt werden könne.
Die Chefin der Linkspartei, Janine Wissler, warf dem bayerischen Ministerpräsidenten "populistischen Wahlkampfquatsch" vor. Jeder wisse, dass es nicht möglich sei, Menschen davon abzuhalten vor Bomben und vor Hunger zu fliehen. Söder wies die Wahlkampf-Vorwürfe zurück. "Lampedusa kennt keine Landtagswahl in Bayern", sagte er mit Blick auf die italienische Mittelmeerinsel, auf der gerade eine große Zahl von Flüchtlingen aus Nordafrika ankommt.
In einem Aufnahmelager auf Sizilien, in dem mehrere Tausend zuvor auf Lampedusa angekommene Menschen untergebracht sind, spielten sich am Montag Medienberichten zufolge chaotische Szenen ab. In der Hafenstadt Porto Empedocle hätten etwa Hundert Migranten das Lager verlassen, meldete die italienische Nachrichtenagentur Ansa. Sie kletterten demnach über Zäune und durchbrachen Absperrungen.
Das italienische Kabinett wollte zum Wochenauftakt ein Maßnahmenpaket zur Eindämmung irregulärer Migration auf den Weg bringen. Ministerpräsidentin Meloni hatte bereits vorab Beschlüsse zur Verschärfung der Abschiebehaft sowie die Einrichtung von Abschiebehaftanstalten durch das Militär angekündigt.
Diskutiert wurde in Deutschland neben dem Thema Obergrenze auch über andere mögliche Maßnahmen. Die FDP schlug eine bundesweite Bezahlkarte vor, mit der Asylbewerber ihren täglichen Bedarf im Einzelhandel decken können. Anders als bei der Auszahlung von Geld wären dann keine Rücküberweisungen in Herkunftsländer möglich, hieß es in einem Beschluss des Parteipräsidiums vom Montag. "Damit würde ein wesentlicher Anreiz zur Einreise in die Sozialsysteme entfallen", argumentiert die FDP.
"Die Zahlen müssen herunter", sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann nach Sitzungen der CDU-Spitzengremien in Berlin. Dafür sollten nach dem Vorbild der deutsch-österreichischen Grenze auch an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz Grenzkontrollen eingeführt werden. Außerdem sollten die Maghreb-Staaten - also Algerien, Tunesien und Marokko - als sichere Herkunftsstaaten im Asylrecht eingestuft werden, um die Asylverfahren von Staatsbürgern dieser nordafrikanischen Staaten zu beschleunigen. Dafür will sich auch die FDP in der Ampel einsetzen, auch gegen den Widerstand der Grünen, wie FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai ankündigte.
Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck hatte sich am Sonntag in der ZDF-Sendung "Berlin direkt" für eine "neue Entschlossenheit" in der europäischen Flüchtlingspolitik ausgesprochen. Die Politik müsse entdecken, "dass die bisherigen Maßnahmen nicht ausgereicht haben, um den Kontrollverlust, der offensichtlich eingetreten ist, zu beheben", sagte er.
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