Und wie geht es dann mit dem Heizen und dem Klimaschutz weiter? Für Experten ist klar, dass künftig Wärmepumpen sowie Nah-/Fernwärmenetze dominieren werden. Allerdings ungleich verteilt: Netzversorgung überwiegend in den Städten und die Anlagen, die Umgebungswärme nutzen (Luft, Erdreich, Wasser) auf dem Land. Offensichtlich ist inzwischen auch, dass die Klimaziele für 2030 im Gebäudebereich kaum noch zu erreichen sind – auch wegen langer Übergangsfristen im Gebäudeenergiegesetz (GEG).
Für die nahe Zukunft erwarten die Heizungsbauer einen massiven Rückschlag. Eine Umfrage des Branchenverbandes BDH hat ergeben, dass 85 Prozent der Mitgliedsunternehmen für das erste Quartal mit einer schlechten oder sogar sehr schlechten Marktentwicklung rechnen.
Florian Bieberbach, Chef des größten deutschen Stadtwerks (München), kann den Kundenstreik beim Heizungstausch nachvollziehen: "Durch die emotionale Debatte über das GEG – Stichwort: Heizungs-Stasi – kam eine starke Verunsicherung der Menschen", sagte er. Das ist aber nicht alles: "Zudem hat der vorangegangene Boom bei den Wärmepumpen zu absurden Preisen geführt." Diese seien teilweise über die Marke von 50.000 Euro für eine Wärmepumpe für ein Einfamilienhaus inklusive Installation gestiegen. Das sei das Doppelte des angemessenen Preises.
Jetzt würden viele warten, bis sich die Preise wieder normalisiert haben und bis klar ist, wie es genau mit der Förderung aussieht. Für den Manager ist klar, dass sich diese Anlagen vor allem in ländlichen Regionen durchsetzen werden, weil es dort schlicht an Alternativen fehlt. "In kleinen Kommunen wird es ganz bestimmt keine flächendeckende Fernwärme geben", so Bieberbach. Bestenfalls kämen dort kleine Wärmenetze zum Zuge, etwa für eine Schule und die umliegenden Wohnhäuser. Laut GEG haben Gemeinden mit maximal 100.000 Einwohnern bis Mitte 2028 Zeit eine kommunale Wärmeplanung auf den Weg zu bringen.
In Großstädten müssen die Konzepte schon zwei Jahre zuvor vorliegen. Was jetzt auf die dortigen Versorgungsunternehmen zukommt, bezeichnet Bieberbach als einen Mechanismus, der in zwei Richtungen wirkt: "Hauseigentümer warten bei ihrer Entscheidung über die neue Heizung auf die kommunale Wärmeplanung. Die Kommunen müssen zugleich berücksichtigen, welche Heiztechnologie voraussichtlich für die Hausbesitzer am attraktivsten ist."
Um dieses Dilemma aufzulösen, machen sich die Münchner und viele andere Stadtwerke jetzt daran, mittels Datenanalyse zu antizipieren, wie Immobilieneigner künftig agieren. "Dann kann entschieden werden, in welchen Straßen es sich lohnt, Fernwärmeleitungen zu legen", so Bieberbach. Die Crux dabei: Fürs Verbuddeln der Warmwasserleitungen müssen in der Regel die Straßen aufgerissen werden. Das kostet um die 3000 Euro – pro Meter. Kein Wunder also, dass der Münchner Stadtwerke-Chef von Prozessen spricht, die sich über 20 Jahre hinziehen würden.
Und was werden die Hausbesitzer nun tun? Bieberbach erwartet zwei Arten von Handlungsweisen: Eine Gruppe werde nicht auf die Entscheidung ihrer Stadt warten, sondern sich eine Wärmepumpe zulegen, um das Thema für die nächsten 30 Jahre vom Tisch zu haben. Die Alternative: Menschen setzen zunächst auf eine Übergangslösung mit einer Gastherme, zumal sich hier neue Möglichkeiten mit Heizungsleasing und einem expandierenden Handel mit gebrauchten Geräten auftun.
Letzteres dürfte insbesondere für die urbane Kundschaft interessant werden, da sie häufig gar keine andere Wahl habe. Luftwärmepumpen seien, so Bieberbach, vielfach nicht machbar, "weil sie Platz brauchen und auch Lärm erzeugen". Grundwasserwärmepumpen seien meist unwirtschaftlich für Einzelhäuser und scheiterten oft am fehlenden Bohrplatz. "Diese Menschen sind darauf angewiesen, dass ihnen ein Wärmenetz gelegt wird."
Und die Klimaziele bis 2030 im Wärmebereich? Die seien schon allein wegen der langen Übergangsfristen nur noch ganz schwer zu erreichen: "Das kann man nahezu ausschließen", betont Bieberbach.
In eine ähnliche Richtung geht eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung. Zwar lobt die Autorin Sara Holzmann das GEG als ein Instrument, das den "Rückbau fossiler Infrastrukturen" befördere. Aber im Bereich Gebäude, ebenso wie in der Industrie und im Verkehr, müsse mit teilweise deutlichen Überschreitungen der im Klimaschutzgesetz festgelegten Emissionsbudgets gerechnet werden. Für den Sektor Gebäude/Wärme geht sie davon aus, dass die bis 2030 vorgegebene Minderung der Emissionen um 35 Millionen Tonnen verfehlt wird. Für die Industrie seien es 51 Millionen und für den Verkehr sogar 187 Millionen Tonnen.
Angesichts dieser "Erfüllungslücke" verlangt die Expertin neuen Schwung in der Klimapolitik. Sie schlägt eine deutlich stärkere CO2-Bepreisung vor, die sich an den Minderungszielen des Klimaschutzgesetzes orientiert. "Gleichzeitig würde eine harte Begrenzung der Emissionsmenge starke Preisanreize setzen und so technologische Innovationen, Effizienzsteigerungen, den Ausstieg aus fossilem Kapitalstock und Verhaltensänderungen vorantreiben", heißt es in dem Papier. Eine große Zahl von renommierten Ökonomen und Klimaforschern hat sich in jüngster Zeit ebenfalls für eine Verteuerung des Treibhausgasausstoßes ausgesprochen.
Ein solcher Mechanismus kann auch die Aufgaben der Wirtschaftspolitik verschieben. Es ginge dann darum, das Verringern der Emissionen nicht mehr direkt mit Gesetzen und Verordnungen herbeizuführen. "Vielmehr läge der Fokus auf der Bereitstellung klimaneutraler Infrastrukturen, der Sicherung von Fachkräften und der wirtschafts- und sozialpolitischen Abfederung des hohen CO₂-Preises", schreibt Holzmann.
Die Industrie muss EU-weit schon seit Jahren Verschmutzungsrechte kaufen, die an der Börse gehandelt werden. Die Bundesregierung packt das Thema bislang aber eher halbherzig an. Für den Einsatz fossiler Energien in den Bereichen Verkehr und Wärme erhebt der Staat derzeit 30 Euro für jede in die Luft geblasene Tonne CO2 – was viele Experten für viel zu niedrig halten. Ab 1. Januar soll auf immerhin 40 Euro erhöht werden, eigentlich waren aber 45 Euro geplant. Weitere Aufschläge sind vorgesehen.
Zur Entlastung insbesondere einkommensschwacher Haushalte hatte die Regierung ein Klimageld versprochen. Das wurde bislang allerdings noch nicht ausgezahlt. Finanzminister Christian Lindner (FDP) deutete aber bei einer Regierungsbefragung am Mittwoch im Bundestag an, dass im Frühherbst 2025 erstmals Geld fließen könnte.
dp/fa