Am folgenden Tag gingen in ganz Ostdeutschland, darunter auch in der Hauptstadt Berlin, mehr als eine halbe Million Menschen auf die Straße. Etwa 50 Menschen wurden getötet und Tausende von der kommunistischen Geheimpolizei mit Hilfe sowjetischer Truppen festgenommen. Dutzende sowjetische Soldaten, die sich weigerten auf Demonstranten zu schießen, wurden hingerichtet. Das DDR-Regime bezeichnete den Aufstand als einen vom Westen angezettelten "faschistischen Putsch", wofür es keinerlei Beweise gab. Es war der erste Aufstand gegen die Sowjetherrschaft in Osteuropa. Andere würden in Ungarn und der damaligen Tschechoslowakei folgen.
"Der Aufstand vom 17. Juni richtete sich nicht nur gegen die steigenden Anforderungen an die Arbeitskräfte, gegen niedrige Löhne, hohe Preise, leere Regale", sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Rede. "Es richtete sich gegen die Vereinheitlichung einer ganzen Gesellschaft, gegen Planherrschaft und Zwangskollektivierung, gegen staatliche Überwachung, Propaganda und Zensur, gegen die Unterdrückung von Christen, Oppositionellen und Nonkonformisten, gegen die Diktatur einer einzelnen Partei."
Nach der Niederschlagung flohen Hunderttausende Menschen nach Westdeutschland, bis der sogenannte Eiserne Vorhang durch das kommunistische Regime mit einem riesigen Grenzzaun und der Berliner Mauer zementiert wurde. Steinmeier stellte fest, dass sich das Streben nach Freiheit schließlich durchsetzte, als die Demonstranten 1989 erneut auf die Straße gingen, was schließlich zum Sturz der Diktatur und ein Jahr später zur deutschen Wiedervereinigung führte.
Er zog auch eine Parallele zur Situation in der Ukraine und sagte, das Land wehre sich gegen einen russischen Angriff, der von Moskaus Bemühungen, den früheren imperialen Glanz wiederherzustellen, vorangetrieben werde. "Die Ukrainer verteidigen auch das, wofür mutige Menschen in Europa seit 1953 immer wieder eingetreten sind, was sie 1989 erreicht haben und nie wieder verlieren wollen", sagte Steinmeier."An diesem Jahrestag des 17. Juni denken wir auch an die ukrainischen Männer und Frauen, die heute gegen Unfreiheit und Unterdrückung kämpfen."
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