Justizminister Marco Buschmann (FDP) will Strafverfahren für Bürger durch Digitalisierung deutlich erleichtern. Unter anderem sollen künftig bisher schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Beteiligten elektronisch übermittelt werden können. Dazu zählen auch Strafanträge, die anders als Strafanzeigen rechtlich bindend sind. Wer einen Strafantrag stellt, erklärt förmlich, die Strafverfolgung wegen einer Tat zu wünschen.
"Dass die Schriftform für Strafanträge erforderlich ist, ist ein notwendiger Filter. Wenn dieser zum Beispiel durch Onlineformulare wegfällt, wird die Hürde für Strafanträge deutlich gesenkt", erklärte Pinar. Der Wust von Strafanträgen würde zu einer erheblichen Mehrbelastung von Polizei und Staatsanwaltschaften führen – und auch der Anwältinnen und Anwälte, die allerdings für jeden Auftrag bezahlt würden. Es sei schon jetzt so, dass jeder Strafantrag viel Arbeit für alle Beteiligten nach sich ziehe. Pinar befürchtet: "Das geplante Gesetz würde das Justizsystem an den Rand des Kollapses führen."
Bei Strafanträgen per Mail statt Onlineformular bliebe zumindest gewahrt, dass der Antragsteller den Sachverhalt schriftlich schildern müsse. Grundsätzlich seien digitale Strafanträge aber nicht das Mittel der Wahl: "Nimmt die Polizei persönlich einen Strafantrag entgegen, kann sie auch notieren, ob der Betroffene zum Beispiel verletzt ist. Online würden solche relevanten Informationen möglicherweise untergehen", erklärte Pinar.
Polizeigewerkschafter Rainer Wendt sieht die Gesetzespläne hingegen entspannt. "Die Entbürokratisierung macht es den Menschen einfacher. Wenn man es schafft, digitale Strafanträge rechtssicher zu gestalten, wäre die Änderung zu begrüßen", sagte der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft. Es gelte zu beachten, dass der Antragsteller persönlich identifiziert werden müsse. Anonyme Strafanträge seien nicht möglich. "Eine Mehrbelastung der Polizei durch die geplante Reform sehe ich nicht", sagte Wendt.
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