Dabei seien auch Investitionen nötig. "Man kann an der Bildung sparen", sagte Özdemir. "Dann zahlt man später aber doppelt und dreifach, weil man die Erwachsenen alimentieren muss. Volkswirtschaftlich ist ein ausreichend finanziertes Bildungssystem jedenfalls allemal billiger, als später ein Leben lang Menschen staatlicherseits unterstützen zu müssen." Ihm hätte ein bedingungsloses Grundeinkommen für seine Eltern nicht geholfen, betonte der Grünen-Politiker, der ein Kind türkischer Arbeiter ist. "Was uns aber geholfen hätte, wären eine Kita und eine Ganztagsschule gewesen, die den Namen verdient mit einem gesunden und vollwertigen Mittagessen."
Er beklagte, dass es Deutschland generell nicht schaffe, den Bildungserfolg von der Herkunft abzukoppeln, und betonte: "Darum müssen wir uns dringend kümmern und dabei darf es keine Tabus geben." Kinder aus ärmeren Familien, darunter Herkunftsdeutsche ebenso wie Kinder von Zugewanderten, hätten es überdurchschnittlich schwer – "als Kind einer sogenannten Gastarbeiterfamilie kenne ich das aus eigenem Erleben".
Jedenfalls dürfe es nicht sein, dass man die Leistungsanforderungen in den Schulen den zurückgehenden Fähigkeiten anpasse und etwa Diktate abschaffe. "Das halte ich für einen Fehler, auch wenn ich bei Diktaten selbst oft eine Fünf hatte. Mein Beispiel zeigt schließlich auch, dass man es irgendwann mal lernen kann." Außerdem müssten die Kindertagesstätten noch stärker auf die Schule vorbereiten.
Am Dienstag wurden die Ergebnisse der Pisa-Studie veröffentlicht. Sowohl im Lesen als auch in Mathematik und Naturwissenschaften handle es sich um die niedrigsten Werte, die für Deutschland jemals im Rahmen von Pisa gemessen wurden. Das hatte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) mitgeteilt.