Bei "Markus Lanz" machte AfD-Chef Tino Chrupalla daher deutlich, dass er auch eine Kanzlerkandidatur bei der nächsten Bundestagswahl nicht ausschließe.
"Ich gehe nach den aktuellen Umfrageergebnissen, wo wir ja deutlich vor der aktuellen Kanzlerpartei stehen, davon aus, dass wir einen Kanzlerkandidaten stellen sollten. (...) Ich denke, das erwarten auch die Wähler", sagte Chrupalla selbstbewusst. Ob er sich selbst als Kanzlerkandidat aufstellen lassen würde, ließ der Politiker derweil offen. Er erklärte nüchtern: "Das entscheidet bei uns die Partei."
Auf die Frage, wer zwischen Weidel und Chrupalla der bessere Kandidat wäre, sagte der Politiker: "Ich denke, es wären beide sehr gut." Lanz stichelte daraufhin: "Sie würden Frau Weidel den Vorzug lassen?" Eine Annahme, auf die der AfD-Chef genervt reagierte: "Das ist jetzt nicht das Thema. (...) Sie wollen das jetzt herauslocken, aber wir sind in dem Findungsprozess bei Weitem noch nicht so weit."
Im Gespräch mit Markus Lanz merkte Tino Chrupalla stattdessen grinsend an: "Schade, dass es nicht zwei Kanzlerkandidaten geben kann." Für den Politiker seien er und Alice Weidel nämlich "das erfolgreichste politische Duo, was wir aktuell in Deutschland haben". Eine Steilvorlage für Markus Lanz, der wissen wollte, wie gut das Verhältnis zwischen Weidel und Chrupalla wirklich sei. "Es ist ein Führungsduo, was funktioniert und was auch harmoniert", antwortete der AfD-Mann prompt.
Lanz kaufte ihm dies jedoch nicht ab, denn: "Ich höre aus Ihrer Partei, dass Sie sich hassen." Darauf reagierte Tino Chrupalla sichtlich überrascht: "Ich hasse keine Menschen und Frau Weidel schon überhaupt nicht!" Den Vorwurf, dass er seine Parteikollegin "nicht leiden" könne, wies er mit den klaren Worten von sich: "Das ist absoluter Unsinn!"
Während der AfD-Politiker Alice Weidel für ihre Fähigkeiten lobte, schaltete sich Historiker Michael Wolffsohn mit kritischen Worten in die Debatte mit ein und sagte streng: "Die zunehmende öffentliche Identifizierung und Verharmlosung von Diktatoren, ob das Herr Putin ist oder Herr Erdogan (...), da kann ich einfach nicht mit." Auch Journalistin Anne Hähnig unterstellte der AfD "eine fortschreitende Radikalisierung", die "vielfach dokumentiert" sei. Lanz wollte daraufhin wissen, warum die AfD dennoch für viele Menschen "zunehmend attraktiver" erscheine. Darauf entgegnete Hähnig: "Rechtspopulisten sind weltweit relativ stark. Europa als Kontinent rückt immer weiter nach rechts. Alle Rechtspopulisten (...) leben von der Idee, den Nationalstaat stärker abzuschotten."
Diese Idee unterstützte Tino Chrupalla offenbar auch, als er im Gespräch mit Lanz über Europa sagte: "Diese EU, wie sie jetzt aktuell fungiert, funktioniert so nicht mehr." Dennoch wollte er sich nicht festnageln lassen und erklärte in Bezug auf das Wirtschaftsmodell der AfD: "Wir wollen die Grenzen nicht schließen. Wir wollen die Grenzen kontrollieren." Er sprach sich derweil für einen Freihandel aus und sagte, dass er sich "ein Europa der souveränen Länder" vorstelle, das "auf der wirtschaftlichen Basis" zusammenarbeite.
Ökonom Marcel Fratzscher konnte dabei nur mit dem Kopf schütteln und stellte klar: "Was Sie fordern, diese Abschottung, das würde zu einem massiven, wirtschaftlichen Schaden führen! Nicht nur bei den Exporten, sondern auch bei den Fachkräften. Das ist die Realität, wenn Sie das Europa durchsetzen, das Sie fordern."
Für Fassungslosigkeit sorgte Chrupalla auch bei Historiker Michael Wolffsohn, als es um den Krieg im Nahen Osten ging. Als Markus Lanz von dem AfD-Mann wissen wollte, was er von Israel als deutscher Staatsräson halte, sagte der Politiker nüchtern: "Ich höre diesen Begriff immer wieder, aber mir kann niemand genau erklären, was es eigentlich bedeutet." Der ZDF-Moderator kritisierte daraufhin den Begriff der "Kriegstoten", den Chrupalla in Bezug auf die Opfer des 7. Oktober genutzt hatte.
Wolffsohn zeigte sich daraufhin schockiert über "die Inkompetenz Ihrer Analyse, die keine Analyse ist". Der Historiker wetterte weiter: "Ihr Vokabular zeigt, dass Sie die Wirklichkeit intellektuell nicht erfassen. Und wenn Sie das nicht können, dann verhüte Gott, dass Sie politische Verantwortung bekommmen. Nicht nur in Bezug auf den Nahen Osten, sondern auf dieses Deutschland überhaupt!" Abschließend fügte Wolffsohn hinzu: "Sie zeigen immer wieder eine mangelnde Professionalität in jedem Bereich. Und das finde ich beängstigend!"