Orbán, der seit seiner Rückkehr an die Macht vor 14 Jahren seine Position im Inland gefestigt hat, steht für seine engen Beziehungen zu Russland und China sowie zu rechtsextremen Parteien weltweit in der Kritik. Trotz der Mitgliedschaft Ungarns in der EU und der NATO bezeichnet Orbán Brüssel und Washington als seine Feinde.
Kritiker werfen Orbán vor, eine kleine Elite um sich herum zu bereichern, einschließlich enger Freunde und Familienangehöriger, die zu den reichsten Menschen des Landes zählen. Magyar, der mit Orbáns ehemaliger Justizministerin verheiratet war, erregte Anfang des Jahres großes Aufsehen, als er sich gegen die Regierung stellte und Vorwürfe über weitverbreitete Korruption erhob. Die ungarische Regierung hat diese Korruptionsvorwürfe wiederholt zurückgewiesen.
Die Demonstration in Budapest verdeutlichte die Bewunderung vieler für Magyars Botschaft und seinen mutigen persönlichen Weg. "Er hat die Verantwortung für seine Sünden übernommen und ist aufgestanden", sagte Zoltán, ein Aktivist der Tisza-Partei. Lena, eine 17-jährige Ungarin, die in Österreich lebt, sagte: "Ich glaube, wir müssen unsere Heimat zurückerobern."
Die bevorstehenden Europawahlen werden von vielen als De-facto-Referendum über Orbán und die Oppositionsparteien betrachtet. Orbán konzentriert seine Wahlkampfstrategie auf ein sogenanntes "Friedensprogramm" und führt eine intensive Desinformationskampagne, die unbegründete Behauptungen über eine globale Verschwörung aufstellt, die Ungarn in einen Krieg mit Russland zwingen wolle. Zudem wirft er der Opposition vor, vom Westen gelenkt zu werden, um nationale Interessen zu untergraben.
Magyar widersprach diesen Behauptungen energisch und warf der Regierung vor, die ungarische Gesellschaft absichtlich zu spalten. "Die Tisza-Partei ist die Partei des Friedens – die wahre Partei des Friedens", sagte er. Magyar ist eine ungewöhnliche Figur in der ungarischen Politik, die sowohl konservative als auch liberale Wähler anspricht und sowohl rechte als auch linke Politiker kritisiert.
Obwohl einige Kritiker befürchten, dass Magyar andere Oppositionsparteien schwächen könnte, zeigt eine aktuelle Studie des Meinungsforschungsinstituts Medián, dass die Regierungspartei Fidesz weiterhin die Unterstützung von 50 Prozent der entschiedenen Wähler genießt, während Magyars Tisza-Partei auf 27 Prozent kommt.
"Magyars Auftritt stellt für alle eine ernste Bedrohung dar: offensichtlich jetzt viel mehr für die Oppositionsparteien als für Fidesz", sagte Róbert László vom Political Capital Institute in Budapest. "Wir erwarten nicht, dass Orbán am 10. Juni seine Koffer packen wird."
Die Demonstration und Magyars Kampagne markieren einen wichtigen Moment in der ungarischen Politik, da die Bürger sich für oder gegen die langjährige Herrschaft Orbáns entscheiden müssen. Die nächsten Wochen und die Europawahlen werden zeigen, ob Magyar tatsächlich das Potenzial hat, das politische Gleichgewicht in Ungarn zu verändern.