Der hat mit 130 Kilometern Bahnfahrt eine geradezu komfortable Anreise, während Putin per Flugzeug mit 6500 Kilometern Wegstrecke und sieben Stunden Zeitverschiebung ein gehöriges Stück Erde umrunden muss, um Wladiwostok – übersetzt heißt die Stadt "Beherrscherin des Ostens" – zu besuchen. Noch 2017 konnte Putin auf dem Forum die Staats- und Regierungschefs von Japan, Südkorea und der Mongolei, Chinas Vizepremier sowie Abgeordnete aus Indien, Australien und Vietnam willkommen heißen. Für das derzeitige Treffen kündigte Kremlsprecher Dmitri Peskow schmallippig "hochrangige Beamte aus Laos und China" an.
Juri Trutnew, Russlands stellvertretender Premierminister und bevollmächtigter Gesandter des Präsidenten für den Fernen Osten, sprach von rund 7000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, darunter auch Medienschaffende. Vor diesen will Putin am Dienstag eine Rede halten. Vordergründig geht es um Themen wie Handel, Investitionen, Infrastruktur, Energie, Tourismus, Bildung und Kultur. Dem Kreml geht es jedoch um gute Bilder, die der russischen Bevölkerung und der Welt demonstrieren sollen, dass man keineswegs isoliert sei.
Trutnew kündigte etwas verklausuliert an, in einer sich politisch und wirtschaftlich verändernden Welt, in der sich die russische Wirtschaft mit "strengen westlichen und europäischen Sanktionen konfrontiert" sieht, entwickle man "neue Instrumente und neue Formate für die Interaktion". Das Motto des Forums klingt angesichts eines schrecklichen Angriffskrieges gegen die Ukraine zynisch: "Auf dem Weg zu Zusammenarbeit, Frieden und Wohlstand". Keines der drei Schlagworte könnte Putin derzeit für sein Land reklamieren.
Das Programm des Forums ist auf sechs Schwerpunkte ausgelegt: "Internationale Zusammenarbeit in einer veränderten Welt", "Die Logistik des Wandels", "Der Ferne Osten im Wandel der Vergangenheit. Jahrzehnt: Was war ein Erfolg und was bleibt zu tun?", "Technologische Entwicklung als Garant für Souveränität", "Der Ferne Osten der Zukunft" und "Bildung und Erziehung als Grundlage der Unabhängigkeit". Die prominentesten Teilnehmer sind Chinas Vizepremier Zhang Guoqing und Sarbananda Sonowal, Indiens Minister für Häfen, Schifffahrt und Wasserstraßen.
In seiner Videoansprache an Gäste des Brics-Wirtschaftsforums im August 2023 in Johannesburg hatte Putin für die bevorstehende Veranstaltung geworben. Wladiwostok, Russlands östlichste Großstadt und etwa so groß wie Dortmund, ist das wirtschaftliche Zentrum an der russischen Pazifikküste. Durch die Nähe zu den asiatischen Industriestaaten Japan und Südkorea erhoffte sich Wladiwostok wirtschaftliche Impulse. Doch beide Länder haben den Angriffskrieg klar verurteilt und tragen die wirtschaftlichen Sanktionen eines großen Teils der Staatengemeinschaft mit.
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