"Viel zu kurz kommt, dass Menschen in Not zu uns kommen, ihrer Heimat nicht mehr leben können, die Angst haben, nicht selten traumatisiert sind, die schlimme Dinge erlebt haben." Die Menschlichkeit komme zu kurz. "Wenn die Politik Entscheidungen auf der Basis der derzeit sehr pauschalen Zuschreibungen trifft, können die Maßnahmen am Ende völlig am Ziel vorbeigehen", warnte er.
Als "fragwürdig" bezeichnete Steinke das Bild, dass massenhaft Menschen aufgrund von Pull-Faktoren in das deutsche Sozialsystem einwandern wollen würden. "Dieses Bild ist wenig fundiert und kann zu politischen Fehlschlüssen führen, die Deutschlands Lage nicht besser, sondern schlechter machen", warnt der DRK-Experte. Schließlich würden Menschen in Not, die fliehen müssen, weiterhin kommen. "Aber die Integration wird sehr viel schwerer, Konflikte in der Gesellschaft könnten sich verschärfen, und das Zusammenleben wird durch solche falschen Bilder weniger gelingen."
Die Ministerpräsidenten dringen in einem gemeinsamen Papier darauf, eine bundesweit einheitliche Bezahlkarte für Geflüchtete einzuführen. Nur noch ein kleiner Teil der Leistungen für Asylbewerberinnen und Asylbewerber soll ihren Vorstellungen nach in bar ausgezahlt werden. Dadurch soll verhindert werden, dass die Gelder zu Familien ins Ausland überwiesen werden. "Dass Geflüchtete von den Leistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes hohe Summen ins Ausland transferieren können, wäre erstaunlich, denn sie erhalten nicht viel Geld", macht Steinke deutlich. Systeme wie eine Bezahlkarte würden vor allem sehr viel Bürokratie verursachen und es sei unwahrscheinlich, dass damit Probleme gelöst werden würden.
Eine weitere Forderung der Länder waren stationäre Grenzkontrollen an den Grenzen zu Tschechien und Polen. Sie waren nach Einlenken von Bundesinnenministerin Nancy Faeser am Montagabend angelaufen. An der Grenze zu Österreich und der Schweiz gibt es ebenfalls Kontrollen. Faeser begründete dies mit der Begrenzung der irregulären Migration. Außerdem gehe es ihr darum, "die Schleusungskriminalität noch stärker zu bekämpfen".
Aus Sicht des Roten Kreuzes ist es jedoch zweifelhaft, dass die Ausweitung der Grenzkontrollen auf Dauer der richtige Weg ist. "Es ist völlig unklar, wie man damit umgeht, wenn es dann zu Problemen an der Grenze kommt", so Steinke. "Dann stehen die Menschen – denn es geht um Menschen, oft Schutzsuchende, das dürfen wir nicht vergessen – an der Grenze und wir müssen uns überlegen, wie wir mit ihnen umgehen."
Das Rote Kreuz fordert neue Konzepte und mehr Mittel für die Bereitstellung von Wohnraum, für Integration und den Zugang zu Schulen, für die Beratung und den Spracherwerb. Dass der Bund ausgerechnet bei der Beratung von Geflüchteten die Mittel kürzen wolle, sei ein Unding, so Steinke. Er forderte langfristige Lösungen in Deutschland und Europa, bei denen die Menschlichkeit stärker im Fokus stehe, da Migration angesichts vieler Kriege und Krisen ein Dauerthema bleiben werde.