"Das Wachstums-Original in Deutschland sind wir, die CDU und die CSU. Wir haben in schwierigen Zeiten in Deutschland immer bewiesen, dass wir eine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik können", sagte Merz. Man werde sich auch darüber unterhalten, wie man die Bedingungen verbessern könne, damit vor dem Hintergrund des Klimawandels Wachstum und Beschäftigung möglich bleibe. Im Zusammenhang mit der CO2-Debatte werde sich die Union dafür einsetzen, dass deutsche Unternehmen Technologien entwickelten, die helfen, dieses Problem zu lösen. "Raus aus den Verboten, rein in die Ermutigung und Ermunterung mit neuen Technologien", sagte Merz.
Merz zeigte sich grundsätzlich offen für einen zeitlich befristeten "Brückenstrompreis", mit dem auch der industrielle Mittelstand über Subventionen von den hohen Energiepreisen entlastet werden könnte. Entsprechende Vorschläge habe man mit dem hessischen und dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten, Boris Rhein und Hendrik Wüst, abgesprochen, "das könnten wir uns vorstellen". Merz ergänzte: "Aber das Wichtigste ist, dass die staatlichen Lasten, die heute schon auf dem Strom liegen, gesenkt werden, bevor zusätzliche Subventionen gezahlt werden." So werde man vorschlagen, die Stromsteuer und die Leitungs- sowie die Netzentgelte zu senken.
Im Entwurf einer "Sauerländer Erklärung", die im Laufe des Tages verabschiedet werden sollte, hieß es, für die energieintensive Industrie in Deutschland seien die hohen Energiekosten in besonderer Weise ein massiver Wettbewerbsnachteil. Um diesen auszugleichen, erwarte man von der Bundesregierung ein durchgerechnetes Konzept für einen zeitlich begrenzten, auch für den industriellen Mittelstand wirksamen Brückenstrompreis.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt kritisierte, die Ampel-Regierung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) werde zum "Wohlstandsrisiko für Deutschland". Er ergänzte mit Blick auf die Klausur des Ampel-Kabinetts im brandenburgischen Meseberg am Dienstag und Mittwoch: "Der Therapiesitzung von Meseberg stellen wir die Tatkraft von Schmallenberg entgegen." Die Energiesteuern müssten auf ein Minimum gesenkt werden, um "nicht nur die Industrie, sondern den ganzen Mittelstand an der Stelle zu entlasten", forderte Dobrindt. Notwendig sei auch eine Steuerfreiheit für Überstunden, damit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für ihre Mehrleistung mehr in der Tasche hätten. Angesichts der hohen Inflation sei zudem eine Reduzierung der Mehrwertsteuer auf null Prozent bei Grundnahrungsmitteln nötig.
Bereits vor der Klausur hatte Merz angesichts schlechter Wirtschaftsdaten eine Grundsatzdebatte über die Leistungsbereitschaft in Deutschland gefordert. "Wir müssen über die grundsätzliche Haltung in unserem Land reden: Sind wir noch bereit, uns für unseren Wohlstand und unsere Alterseinkommen anzustrengen", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Er ergänzte: "Eines ist jedenfalls klar: Unser Wohlstand lässt sich nicht mit bedingungslosem Grundeinkommen und 4-Tage-Woche bei vollem Gehalt aufrechterhalten."
Grünen-Chef Omid Nouripour wies die Merz-Äußerungen zurück. "Es ist nicht das erste Mal, dass er das Land schlecht redet", sagte er in Nürnberg, wo sich der Bundesvorstand seiner Partei zu einer Klausur traf. "Jetzt redet er das Land auch noch faul. Das ist eine neue Dimension, die niemandem hilft, erst recht dem Land nicht hilft."
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) warf Merz unredliche Kritik am Bürgergeld vor. "Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass der Sozialstaat das Existenzminimum verlässlich absichern muss", sagte Heil der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Deshalb ist es unredlich, Menschen, die wenig verdienen, gegen diejenigen auszuspielen, denen noch weniger Mittel zur Verfügung stehen." Merz hatte die Erhöhung des Bürgergeldes kritisiert. "Wir haben ein Problem mit dem sogenannten Lohnabstandsgebot", sagte er in der ARD.
Ziel der Fraktionsspitze war es, in Schmallenberg nach den Sommer-Debatten über das Verhältnis zur AfD sowie den richtigen Kanzlerkandidaten und den geeigneten Zeitpunkt, ihn zu bestimmen, die Inhalte in den Mittelpunkt zu rücken. Dafür, dass es in dem idyllischen Sauerland-Städtchen nicht nur um Inhalte ging, sorgte allerdings die Affäre des bayerischen Vize-Regierungschefs Hubert Aiwanger um ein altes antisemitisches Flugblatt. Merz verlangte von dem Freie-Wähler-Vorsitzende schnelle und umfassende Aufklärung. "Ich empfinde das als verstörend, irritierend, dass so was überhaupt stattgefunden hat." Dobrindt sprach von einer höchst unschönen Situation und sagte: "Die bisherigen Erklärungen reichen auch schlichtweg nicht aus."
Gelegenheiten, mit Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen, ließ Merz am Rande der Klausur verstreichen. Während eines gemeinsamen Stadtrundganges mit Dobrindt durch Schmallenberg - die Stadt liegt im Wahlkreis von Merz - rief er Passanten zu, die ihn erkannt hatten: "Keine Panik, es ist gleich vorbei."
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