Für die Kundinnen und Kunden sei es jetzt wichtig, die Energielieferverträge zu überprüfen. Die Befragung hat denn auch zutage gefördert, dass 44 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher überhaupt nicht wissen, ob sie zur Zeit von den Preisbremsen überhaupt profitieren.
Nicht alle privaten Haushalte müssen nun mit deutlich höheren Kosten fürs Heizen und für elektrische Energie rechnen. Es gibt mehrere gegenläufige Tendenzen. Die wichtigste Entwicklung: Seit Jahresbeginn haben sich die Großhandelspreise für Strom und Gas fast halbiert. Und die Beschaffung ist der wichtigste Faktor für die Tarife der Versorger. Die günstigeren Konditionen im Einkauf werden an die Kundinnen und Kunden weitergegeben. Allerdings hat jedes Unternehmen seine eigene Beschaffungsstrategie. Dabei geht es vor allem darum, wie viel kurzfristig eingekauft wird und welches Volumen langfristige Beschaffungsverträge haben. Deshalb kommt es zu einer großen Spreizung bei den finanziellen Belastungen fürs Heizen.
"Der Wegfall der Preisbremsen ist für die meisten Verbraucher leicht zu verschmerzen. Der Energiemarkt hat sich längst erholt und viele Versorger senken zum neuen Jahr die Preise", sagt Daniel Puschmann, Chef des Vergleichsportals Verivox. Seine Fachleute haben errechnet: Ein um drei Monate vorgezogener Wegfall der Preisbremse drückt für eine Musterfamilie mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden (kWh) die Gasrechnung für 2024 um 26 Euro (1,1 Prozent) auf rund 2400 Euro nach oben – wohlgemerkt im bundesweiten Durchschnitt. Berücksichtigt ist dabei schon die geplante Wiedererhöhung der Mehrwertsteuer für den Brennstoff von 7 auf 19 Prozent Ende Februar. Kunden und Kundinnen in der teuren Grundversorgung müssen mit einem höheren Zuschlag rechnen, nämlich um 82 Euro auf knapp 3000 Euro.
Nach Verivox-Erhebungen haben knapp 400 Gasversorger Preissenkungen angekündigt: um durchschnittlich 15 Prozent. Das macht rechnerisch eine Ersparnis von rund 500 Euro im Jahr und gilt für 19 Millionen von rund 40 Millionen Haushalten. Knapp zwei Millionen Haushalte müssen ab Januar aber Preiserhöhungen um 12 Prozent im Schnitt hinnehmen. Wobei zu beachten ist, dass laut Verivox nach wie vor zwei Drittel aller Grundversorgungstarife örtlicher Gaslieferanten trotz der Nachlässe noch oberhalb der Preisbremse von 12 Cent liegen. Wer hingegen wechselt, kann seine Gasrechnung deutlich reduzieren. Neukundinnen und -kunden zahlen derzeit knapp 8,5 Cent pro kWh.
Hier käme der angekündigte Wegfall der Preisbremse noch weniger zum Tragen als beim Gas. Verivox-Fachleute haben einen Aufschlag von einem Euro auf bundesweit durchschnittlich 1414 Euro errechnet. Bei der elektrischen Energie liegen die aktuellen Tarife inzwischen vielfach unter den 40 Cent der Preisbremse. Das gilt zwar häufig auch für die Grundversorgung, für die unterm Strich über das gesamte nächste Jahr eine bundesweit durchschnittliche Zusatzbelastung von 5 Euro auf 1776 Euro berechnet wurde. Aber noch immer liegen 45 Prozent der Tarife über der Preisbremsenschwelle.
Niemand soll hierzulande ohne Strom und Gas dastehen. Deshalb müssen die jeweils größten Versorger in ihren Regionen für jeden Haushalt einen Tarif anbieten. Daraus ergeben sich spezielle Risiken für die Unternehmen – auch durch Kundinnen und Kunden, die ihre Rechnungen nicht bezahlen. Deshalb werden bei den Tarifkalkulationen Puffer eingebaut und zudem langfristig laufende Verträge für die Grundversorgung abgeschlossen, um Risiken abzufedern. In der Grundsicherung sind viele sozial schwache Menschen mit geringer Bonität und Ältere, die noch nie den Strom- oder Gaslieferanten gewechselt haben. Gerade diese Gruppen würde der Wegfall der Subventionen hart treffen.
Finanzminister Lindner will auch den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) schließen. Daraus wurden bislang Subventionen für Netznutzungsgebühren finanziert. Fallen die Zuschüsse komplett weg, könnte das nach Schätzungen von Fachleuten die Stromrechnungen um mehr als 100 Euro pro Jahr belasten. Die bereits angekündigten günstigeren Tarife – wegen der geringeren Beschaffungskosten – würden so rechnerisch deutlich gemindert. Anderswo steigen die Belastungen.
Ein Großteil der Versorger passt seine Preise zum Jahresende an. Vielfach sind die Kunden und Kundinnen bereits über die Tarife für 2024 informiert worden, bei denen aber der Wegfall von Preisbremsen und Netzgebührsubventionen noch nicht berücksichtigt wurde. Deshalb spricht vieles dafür, dass die Effekte für viele Kundinnen und Kunden erst mit deutlicher Verzögerung ankommen: Ende nächsten Jahres, wenn die Versorger die Tarife für 2025 bekannt geben. Ob es dann für die Kundschaft aber tatsächlich teurer oder billiger wird, hängt vor allem von den Entwicklungen im Großhandel und an den Energiebörsen ab. Setzt sich der Trend günstigerer Einkaufskonditionen fort, könnte es weitere Absenkungen trotz gestrichener staatlicher Zuschüsse geben. Kommt eine weitere Energiekrise, wird es teuer. Aber dann könne die Regierung ja immer noch neue Preisbremsen beschließen, heißt es in der Branche. Vorausgesetzt, das Geld zur Finanzierung ist da.
Wer wechselt, zahlt aktuell im Schnitt nur knapp 29 Cent pro Kilowattstunde. Verivox-Chef Puschmann empfiehlt vor allem Verbraucherinnen und Verbrauchern mit älteren Verträgen jetzt zu prüfen, ob die eigenen Tarife über den Preisbremsen liegen. Neukundentarife würden flächendeckend darunter liegen. "Niemand sollte noch mit einem staatlich subventionierten Tarif in das neue Jahr starten, wenn es nicht sein muss", so Puschmann.