Kein Rückgang sei bei der Zahl der HIV-Neuinfektionen bei Gleichgeschlechtlichen und bei Menschen, die intravenös Drogen konsumieren zu erkennen, heißt es im Bericht. Im Gegenteil: Die Zahlen stiegen in beiden Gruppen sogar leicht an. Das liegt den Angaben zufolge unter anderem daran, dass Gleichgeschlechtliche, die mit HIV leben oder ein erhöhtes Infektionsrisiko haben, sich weniger in Großstädten konzentrieren als MSM. Außerhalb der großen Städte sei das Testangebot aber schlechter.
Den Anstieg bei Drogenkonsumenten erklärt das RKI folgendermaßen: Immer mehr Konsumenten nähmen Drogen, die nicht zur Gruppe der Opiate gehörten. Für diese Drogen gibt es laut RKI keine Substitutionstherapie. Dadurch haben Konsumenten weniger Kontakt zu medizinischen Stellen und werden weniger auf HIV getestet. Die Folge: "HIV-Infektionen werden später entdeckt und später behandelt, dadurch entstehen mehr Möglichkeiten für lokale Infektionscluster, die in den letzten Jahren zunehmend beobachtet werden."
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) habe sich zum Ziel gesetzt, HIV und Aids bis 2030 zu beenden, heißt es in dem Bericht. Das zu erreichen ist der Einschätzung des RKI zufolge "schwer vorstellbar". "Eine HIV-Elimination aus der menschlichen Population ist völlig unrealistisch, solange kein hochwirksamer Impfstoff zur Verfügung steht – und ein solcher ist nicht in Sicht." Stigmatisierte, kriminalisierte und marginalisierte Gruppen, die besonders häufig von HIV betroffen seien, würden oft nicht durch Test- und Behandlungsangebote erreicht. Zum Teil gebe es schlichtweg keine Angebote. In Deutschland seien irreguläre Migranten und Menschen ohne Krankenversicherung davon betroffen.
Im internationalen Vergleich allerdings stehe Deutschland noch gut dar. In anderen Ländern steigt die Zahl der Neuinfektionen laut RKI – in Osteuropa sogar stark, vor allem in Russland. In Teilen Osteuropas entwickle sich eine Epidemie mit gleichgeschlechtlichen Kontakten. Schuld daran ist aus der Sicht des RKI das Fehlen einer effektiven Präventionsarbeit unter Drogenkonsumenten.