"Im Kriegsfall wird ein Großteil des Personals der Bundeswehrkrankenhäuser vor allem in Feldsanitätseinrichtungen Dienst leisten. Die Kapazitäten der Bundeswehrkrankenhäuser wären deshalb alleine nicht ausreichend, um über längere Zeit die Anzahl der nach Deutschland zurücktransportierten, verwundeten Soldatinnen und Soldaten behandeln zu können", schreibt die parlamentarische Staatssekretärin im Verteidigungsministerium, Siemtje Möller (SPD).
Weiter heißt es: "Eine Abstützung auf das zivile Gesundheitssystem wäre deshalb notwendig." Bezüglich entsprechender Szenarien stünden die zuständigen Ressorts in Kontakt, fügt Möller hinzu.
Die Union befürchtet, dass die zivilen Kliniken darauf nicht vorbereitet sind. "Für den Fall, dass deutsche Soldaten versorgt werden müssten, muss Karl Lauterbach die Kapazitäten in den zivilen Krankenhäusern jetzt vorhalten", fordert CDU-Gesundheitsexperte Müller. "Die Antwort der Bundesregierung zeigt doch, dass die Bundeswehrkrankenhäuser dies nicht alleine stemmen können und auf zivile Kliniken zurückgreifen müssen."
Seit Monaten arbeitet das Bundesgesundheitsministerium an einer umfassenden Klinikreform. Mit ihr soll unter anderem eine sogenannte Vorhaltevergütung eingeführt werden, damit Krankenhäuser unabhängig von der tatsächlichen Inanspruchnahme ihrer Leistungen eine feste Honorierung erhalten. Das Ziel: den wirtschaftlichen Druck der Kliniken reduzieren und Kapazitäten erhalten.
Staatssekretärin Möller sagt allerdings, dass die Vorhaltevergütung nicht auf die Kapazitätsplanungen für die Gesundheitsversorgung von Soldatinnen und Soldaten angewendet werden solle. Das bedeutet: Es ist derzeit nicht geplant, die etwaige Versorgung verletzter Soldaten in der Vorhaltefinanzierung mitzudenken.
Im November zitierte die Tagesschau einen Offizier, wonach im Kriegsfall laut Nato-Berechnungen täglich 200 bis 300 schwer verwundete Soldaten von der Ostflanke nach Deutschland verlegt und operiert werden müssten. Darauf seien die Kliniken nicht vorbereitet, heißt es im Bericht.
Auf diese Zahl verweist auch Sepp Müller von der Unionsfraktion und dringt darauf, zivile Krankenhäuser vorzubereiten. Die Vorhaltefinanzierung für die Krankenhäuser müsse auch "diesen schlimmsten Fall berücksichtigen", verlangt der Christdemokrat.
Pistorius hatte Deutschland vor einigen Wochen zur "Kriegstüchtigkeit" aufgefordert und damit für Aufsehen gesorgt. In der SPD und der CSU löste die Wortwahl Kritik aus. Pistorius aber steht dazu: Der Begriff findet sich mehrmals in den neuen verteidigungspolitischen Richtlinien – die konzeptionelle Grundlage der deutschen Verteidigungspolitik.
Müller kritisierte das Regierungshandeln. "Boris Pistorius hat deutlich gemacht, dass Deutschland sich für den schlimmsten Fall ertüchtigen muss. Karl Lauterbach dagegen ignoriert die Warnungen seines Kabinettskollegen."
Wie notwendig medizinische Kapazitäten im Ernstfall sind, zeigt das Beispiel Ukraine. Kurz nach Beginn des russischen Angriffs hat Deutschland nämlich damit begonnen, ukrainische Verwundete aufzunehmen, weil die Kapazitäten im Land selbst nicht ausreichen. Seither wurden an deutschen Kliniken knapp 1000 Patienten – Soldaten und Zivilisten – versorgt.