Am Samstag hatte ein Mann mit einem Auto die Zufahrtsbeschränkungen zum Hamburger Flughafen durchbrochen und war bis auf das Vorfeld des Airports vorgedrungen. Hintergrund war ein Sorgerechtsstreit: Mit der Aktion wollte der Mann laut Staatsanwaltschaft die gemeinsame Ausreise mit seiner zuvor gewaltsam aus der Wohnung seiner Ex-Frau in Stade (Niedersachsen) entführten gemeinsamen Tochter in die Türkei erzwingen. Erst nach rund 18-stündigen Verhandlungen hatte sich der Geiselnehmer den Sicherheitskräften ergeben. Der Flughafen war mehr als 20 Stunden gesperrt - Zehntausende Fluggäste waren betroffen.
Es war nicht das erste Mal, dass die Sicherheitsabsperrungen des Flughafens überwunden wurden. Erst im Juli hatten Klimaaktivisten der Gruppe Letzte Generation den Airport für Stunden lahmgelegt, nachdem sie ein Loch in den Zaun geschnitten hatten und bis aufs Flugfeld vorgedrungen waren. Auf anderen deutschen Flughäfen gab es ähnliche Vorfälle.
"Nach den Stör-Aktionen von Klimaaktivisten auf den Flughäfen in Berlin, Düsseldorf und Hamburg sowie dem "Scholz-Umarmer" am Flughafen Frankfurt erleben wir nun kurze Zeit später einen weiteren schweren Sicherheitsvorfall auf einem Flughafen", sagte Lindholz. "Auf dem Spiel stehen die Sicherheit des Luftverkehrs und damit die Sicherheit von Passagieren und Personal."
Auch Throm forderte mehr Sicherheit, da sich die Lage in den vergangenen zwei Jahren deutlich verschärft habe. "Darauf müssen wir auch im Bereich der kritischen Infrastruktur reagieren", sagte er. "Ich erwarte von der Bundesregierung und vor allem von Bundesinnenministerin Faeser, dass nun unverzüglich gemeinsam mit den Ländern Konzepte geprüft und überarbeitet werden. Es geht dabei auch um Ausstattung und Kompetenzen unserer Sicherheitsbehörden."
Der Hamburger Flughafen hatte bereits am Montag bauliche Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit an den Zufahrten zum Airport angekündigt. Welche genau das sein werden, konnte Sprecherin Katja Bromm aber noch nicht sagen. Es werde aber "ganz bald feststehen, was genau dort hinkommt". Bis diese Maßnahmen vollständig umgesetzt seien, werden laut Airport aktuell zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen eingeführt.
Gegen den Geiselnehmer wurde am Montagabend Haftbefehl erlassen. Wie die Staatsanwaltschaft mitteilte, werden dem 35-Jährigen neben Geiselnahme und der Entziehung Minderjähriger auch Delikte nach dem Waffengesetz vorgeworfen. Wegen Fluchtgefahr sei Untersuchungshaft angeordnet worden.
Die Staatsanwaltschaft teilte zudem weitere Einzelheiten zum Tatablauf mit. Den Ermittlungen zufolge hatte sich der türkische Staatsbürger am Samstag mit einer List Zugang zur Wohnung seiner Ex-Frau in Stade verschafft und gewaltsam die dort lebende Tochter in einem Mietwagen verschleppt. Die um Hilfe rufende 38-Jährige, die das alleinige Sorgerecht für die gemeinsame Tochter habe, soll der Mann mit einer halb-automatischen Pistole bedroht und dabei einen Schuss in die Luft abgegeben haben.
Auf dem Flughafen angekommen, habe er über den polizeilichen Notruf mitgeteilt, dass er eine Bombe im Fahrzeug habe und für sich und seine Tochter die Ausreise in die Türkei fordere, teilte die Staatsanwaltschaft weiter mit.
Erst nach zähen Verhandlungen mit der Polizei hatte der 35-Jährige aufgegeben und Spezialkräften seine körperlich unverletzte Tochter übergeben. Neben der Schusswaffe konnte den Angaben der Staatsanwaltschaft zufolge auch eine selbstgefertigte Attrappe eines Sprengstoffgürtels sichergestellt werden. Es habe sich um ein mit Alufolie umwickeltes Buch gehandelt, in das Drähte gesteckt waren.