Vor allem in Niedersachsen lässt der andauernde Regen die Pegelstände von Flüssen und Bächen weiter steigen. Nach Angaben des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten und Naturschutz (NLWKN) hatten am frühen Sonntagmorgen 30 Pegel die dritte von vier Warnstufen erreicht. Diese Schwelle überschritten unter anderem die Flüsse Weser, Aller, Leine und Oker.
So etwa in der Landeshauptstadt Hannover. An der Messstation Herrenhausen stand der Leine-Pegel laut "Hannoverscher Allgemeiner Zeitung" (HAZ) am Vormittag bereits bei 5,30 Metern – und damit einen halben Meter über der Marke von Meldestufe drei. Im besonders von Starkregen betroffenen Süden des Landes warnte die Stadt Einbeck vor Lebensgefahr. Bereits in der Nacht zu Sonntag mussten zahlreiche Keller ausgepumpt werden, wie das "Göttinger Tageblatt" (GT) berichtet.
In vielen Landkreisen schützten Feuerwehren und ehrenamtliche Helfende Bereiche mit Sandsäcken. In Hameln-Pyrmont ließ der Katastrophenschutz bereits am Freitag vorsorglich 15.000 Sandsäcke befüllen, wie die "Deister- und Weserzeitung" (Dewezet) berichtete. In Rodenberg im Landkreis Schaumburg sicherten Einsatzkräfte laut Bericht der "Schaumburger Zeitung" (SZLZ) vorsorglich auch Trafostationen. Sirenen hätten die Einwohnerinnen und Einwohner in der Nacht von Samstag auf Sonntag gewarnt. Laut Bürgermeister Thomas Wolf habe es so ein Hochwasser in der Gemeinde seit 25 Jahren nicht mehr gegeben.
Auch in Sachsen-Anhalt wird angesichts des anhaltenden Regens mit einem weiteren Ansteigen der Pegelstände gerechnet. Nach DWD-Angaben fiel zwischen Samstag- und Sonntagmorgen unter anderem auf dem Harzer Brocken, in Tangerhütte (Landkreis Stendal), in Naumburg (Burgenlandkreis) und in Wittenberg deutlich mehr Wasser vom Himmel.
Die Hochwasservorhersagezentrale gab unterdes Warnungen für Mulde, Aller und Havel heraus. An mehreren Messstellen des Landes waren die Alarmstufen eins und zwei überschritten, in Wolmirstedt im Landkreis Börde sowie in Tylsen im Altmarkkreis Salzwedel überschritten die Werte sogar die Alarmstufe drei. Mit Blick auf die Wettervorhersage des DWD kann auch für den Sonntag zunächst nicht mit Entspannung gerechnet werden. Auf dem Brocken warnen die Expertinnen und Experten zudem vor Orkan.
Ebenfalls verschärft hat sich die Hochwasserlage in Sachsen. An mehreren Pegeln der vierstufigen Skala wurde am Sonntagvormittag der Wert für die Alarmstufe drei erreicht. Konkret betrifft das die Chemnitz am Pegel in Chemnitz, die Würschnitz in der Ortslage Jahnsdorf und die Zwickauer Mulde in Wechselburg. Allerdings gab es auch einen Hoffnungsschimmer. Nach Angaben des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie hat sich das Regengebiet über Sachsen stark abgeschwächt. Deshalb werde die Mulde vermutlich nicht wie befürchtet bei Alarmstufe vier landen.
In Chemnitz und Umgebung gab es infolge von Hochwasser und Oberflächenwasser Straßensperrungen, die Feuerwehr warnte zudem mit Hochwassersirenen. Das Landeshochwasserzentrum rief zur Achtsamkeit auf. In Sachsen hatte es an mehreren Tagen in Folge stark geregnet, im Hügel- und Bergland geschneit. Mit steigenden Temperaturen gehe der Schneefall in Regen über und werde den Tauprozess beschleunigen.
Weitere Hochwasserwarnungen gelten für die Elbe, die Flussgebiete der Lausitzer Neiße, die Nebenflüsse Obere Elbe und der Oberen Weißen Elster. In Dresden betrug der Pegelstand der Elbe am Sonntagvormittag 4,39 Meter, normal sind zwei Meter. Für den ersten und zweiten Weihnachtsfeiertag werden in Dresden sogar Stände von mehr als fünf Meter (Alarmstufe zwei) erwartet, wie die "Dresdner Neuesten Nachrichten" (DNN) berichten.
Angesichts kräftiger Niederschläge bleibt die Hochwasserlage auch in Bayern in den nächsten Tagen angespannt. In einigen Landkreisen gilt die Meldestufe drei. Der Hochwassernachrichtendienst (HND) warnt damit vor der Überschwemmung von bebauten Gebieten. Teilweise wurde auch die Meldestufe vier überschritten. Betroffen sind vor allem Franken und Ostbayern.
In den oberfränkischen Gemeinden Rödental (Landkreis Coburg) und Mainleus (Landkreis Kulmbach) stieg der Pegel in der Nacht knapp über die Meldegrenze der Stufe vier. Flüsse in den Landkreisen Amberg-Sulzbach, Coburg, Bayreuth, Würzburg, Schweinfurt, Passau und im schwäbischen Landkreis Donau-Ries erreichten in der Nacht die Meldestufe drei. In Neustadt (Landkreis Coburg) könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Pegel des Flusses Steinach auf Meldestufe vier ansteige und damit eine Überschwemmung von bebautem Gebiet in großem Umfang möglich sei.
Von Samstag auf Sonntag liefen in Oberfranken bereits einige Keller voll und Straßen wurden überschwemmt. In Mittel- und Unterfranken haben Einsatzkräfte mehrere Parkplätze geräumt, teilten die Polizeipräsidien mit. Auch mehrere Straßen wurden wegen des Hochwassers gesperrt. Im Landkreis Lichtenfels sind die Kreisstraßen LIF7 und LIF20 zurzeit nicht befahrbar, wie der Landkreis Lichtenfels am Sonntag mitteilte. Bei Heustreu im Landkreis Rhön-Grabfeld musste die Feuerwehr am Samstag eine 20-Jährige retten, die mit ihrem Auto in eine gesperrte überflutete Straße gefahren war, heißt es in einer Mitteilung der Polizei.
Der anhaltende Dauerregen beschäftigt auch die Anwohnerinnen und Anwohner an den Flüssen und Bächen in Teilen von Nordrhein-Westfalen. Die Behörden bereiteten sich bereits am Samstag in mehreren Landesteilen auf Hochwasser und über die Ufer tretende Gewässer vor. So schickte die Bezirksregierung Düsseldorf Feuerwehrleute aus den umliegenden Kreisen und Städten zur Unterstützung nach Oberhausen, laut "Solinger Tageblatt" etwa aus Remscheid, Solingen und Wuppertal. Dort macht den Behörden ein aufgeweichter Deich an der Ruhr Sorgen, wie die Feuerwehr am Samstag mitteilte.
Auch in Ostwestfalen an der Weser oder im Münsterland an der Ems haben die Behörden die hohen Pegelstände im Blick. Am Sonntag gaben örtliche Behörden in mehreren Landesteilen Warnungen heraus. So wurde etwa in Bünde und Erwitte in Ostwestfalen oder im sauerländischen Warstein und Mönninghausen vor Überflutungen gewarnt.
In Köln und Düsseldorf blieb die Lage am Rhein weiter wie vorhergesagt relativ entspannt. In Westfalen mussten die Rettungskräfte dagegen eingreifen. In einem Vorort von Münster rettete die Feuerwehr am Samstag eine Frau aus ihrem Auto, das in den überfluteten Bereich der Werse, einen Zufluss der Ems, geraten war. Im Ruhrgebiet machte auf einer Strecke der Dauerregen der Bahn zu schaffen. In Herdecke wurden Gleise der Strecke zwischen Dortmund und Hagen unterspült. Busse brachten die Kundinnen und Kunden an ihr Ziel.
An Thüringens Flüssen scheint sich die Lage an Heiligabend dagegen zu entspannen. "Wir erwarten für alle Pegel ab Mittag Beruhigung", sagte Nils Fröhlich, Sprecher des Landesamts für Umwelt. Zwar geht der DWD gerade für die bereits vom Hochwasser teils stark betroffenen Gebiete in Nord- und Südthüringen von weiter teils noch bis zum Morgen des ersten Weihnachtsfeiertags anhaltendem Dauerregen aus. "Der Regen wird den Vorhersagen nach aber nicht so stark ausfallen wie in den vergangenen Tagen", sagte Fröhlich.
Bereits am Sonntagmorgen sei an nur noch wenigen Messständen eine steigende Tendenz festgestellt worden. Gerade dort, wo die Pegelstände an den Flüssen aber die höchste Meldestufe erreicht hatten, könne es länger dauern, bis das Wasser abgeflossen sei, so Fröhlich. Die Leitstelle in Nordhausen hatte bereits am Samstagabend von zig Einsätzen der Feuerwehr berichtet. Verletzte seien bislang nicht bekannt, hieß es dort am Sonntagmorgen.
Nach den anhaltenden Regenfällen sind die Wasserstände in den rheinland-pfälzischen Gewässern weiter deutlich angestiegen. Wie die Hochwasservorhersagezentrale des Landesamtes für Umwelt Rheinland-Pfalz bereits am Samstag mitteilte, wurden in den Einzugsgebieten der Sieg, der Wied, des Saynbachs und der Lahn an einigen Pegeln die Werte überschritten, die einem Hochwasser entsprechen, das etwa alle zwei Jahre vorkommt. Auch am Rhein werden demnach weiter steigende Wasserstände erwartet.
Am Pegel Maxau am Oberrhein (Baden-Württemberg) sei die Meldehöhe von sieben Metern am Freitagabend überschritten worden. Hier wird ein Höchststand an Heiligabend erwartet. Auch an der Sieg und ihren Nebenflüssen sind die Wasserstände den Angaben zufolge stark angestiegen. An der Wied bewegen sich die Wasserstände demnach auf einem hohen Niveau im Bereich knapp unterhalb eines Hochwassers, wie es etwa alle zwei Jahre vorkommt.