Die italienische Finanzpolizei hat 121 Millionen Euro von einer Amazon-Niederlassung in Mailand beschlagnahmt. Der E-Commerce-Riese sieht sich Vorwürfen des Steuerbetrugs und der Ausbeutung von Arbeitern gegenüber.
Die Ermittlungen konzentrieren sich auf die mutmaßliche Nutzung sogenannter "Arbeitsreservoirs". Dieses System erlaubt es großen Unternehmen, Logistikdienstleistungen illegal an andere Firmen und Genossenschaften zu vergeben, um Arbeitskosten zu senken und weniger Steuern zu zahlen. Dies berichtet die staatliche Nachrichtenagentur ANSA.
Laut der Anordnung zur Beschlagnahme resultiert der Steuerbetrug aus der Verwendung eines "illegalen Rechnungsmechanismus" für nicht existierende Transaktionen, die in gefälschten Verträgen zur Arbeitskraftbeschaffung festgelegt sind. Diese führten zur Ausstellung und Nutzung falscher Dokumente.
Die Staatsanwaltschaft in Mailand rekonstruierte die "Arbeitsversorgungskette" und stellte fest, dass Arbeitsbeziehungen durch sogenannte "Filter"-Unternehmen verschleiert wurden, die wiederum Genossenschaften einsetzten. Diese Genossenschaften vermieden systematisch die Zahlung von Mehrwertsteuer sowie Sozialversicherungs- und Wohlfahrtsabgaben.
Amazon äußerte sich in einer E-Mail an Euronews: "Wir halten uns an alle geltenden Gesetze und Vorschriften, wo wir tätig sind, und fordern dasselbe von den Unternehmen, die mit uns zusammenarbeiten." Weiterhin erklärte Amazon: "Wir halten uns und unsere Partner an die höchsten Standards und haben einen etablierten Verhaltenskodex für Lieferanten, der eingehalten werden muss, um mit uns zu arbeiten. Wir werden den zuständigen Behörden weiterhin bei ihren Anfragen helfen."
Amazon ist nicht das einzige Unternehmen, das von den italienischen Behörden ins Visier genommen wurde. Auch andere große Unternehmen wie DHL, Uber und Lidl sind Gegenstand ähnlicher Ermittlungen. Im Dezember hatte der Ferienwohnungsanbieter Airbnb zugestimmt, 576 Millionen Euro zu zahlen, um einen vierjährigen Steuerstreit in Italien beizulegen.
Zudem wurde Amazon Anfang des Jahres von der italienischen Kartellbehörde mit einer Geldstrafe von 10 Millionen Euro belegt. Grund war die Option "Subscribe and Save", die es Kunden ermöglichte, regelmäßige Lieferungen von häufig gekauften Artikeln einzurichten. Laut italienischen Beamten verletzte die Automatik dieser Funktion die Rechte der Verbraucher.