Der ukrainische Präsident betonte erneut die Notwendigkeit, zwei weitere Patriot-Flugabwehrsysteme zu erhalten, um die Millionenstadt Charkiw besser schützen zu können. Diese Stadt im Nordosten der Ukraine ist besonders schwer vom Krieg gezeichnet und immer wieder Ziel von Luftangriffen. Selenskyj hatte in den vergangenen Tagen mehrfach um die Lieferung dieser Systeme gebeten.
Die ebenfalls von Selenskyj geforderten F-16-Kampfjets wurden der Ukraine bereits vor einem Jahr versprochen. Offiziellen Angaben zufolge sind diese Maschinen jedoch immer noch nicht im Land angekommen. Experten warnen, dass die langen Lieferzeiten des Westens Russland die Möglichkeit geben, sich auf diese neuen Waffen vorzubereiten.
Infolge neuer russischer Angriffe auf Charkiw wurden mindestens sieben Menschen verletzt. Trümmerteile von abgeschossenen Kampfdrohnen verursachten Schäden an Gebäuden und Fahrzeugen. Unter den Verletzten befinden sich ein 61-jähriger Mann sowie zwei Frauen im Alter von 69 und 72 Jahren. Auch andere ukrainische Regionen wie Odessa, Mykolajiw und Dnipropetrowsk wurden in der Nacht von Russland mit Kampfdrohnen beschossen. Die ukrainische Luftwaffe konnte 28 von 29 Drohnen abschießen.
Eine Videokonferenz der Ukraine-Kontaktgruppe brachte keine Fortschritte hinsichtlich der Anfrage nach weiteren Patriot-Systemen. Rund zehn Staaten unterstützen zwar die Suche nach weiteren Elementen der Patriots-Flugabwehr, doch Zusagen gibt es nur für zusätzliche Munition und Ersatzteile. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin lobte die deutsche Initiative, betonte jedoch, dass sich die Ukraine auf den Nahkampf konzentrieren solle, also die Verteidigung des eigenen Landes gegen die Besatzer.
Kiew hatte zuletzt auch weiter reichende Raketen angefordert, um russische Truppenaufmärsche und strategisch wichtige Objekte wie Ölraffinerien im russischen Hinterland zu treffen. Diese Taktik stößt jedoch in Washington auf Kritik.
Spanien hat bestätigt, bis Ende Juni weitere Kampfpanzer vom Typ Leopard 2A4 an die Ukraine zu liefern. Verteidigungsministerin Margarita Robles teilte dies bei der Videokonferenz der Ukraine-Kontaktgruppe mit. Die linke Regierung von Ministerpräsident Pedro Sánchez hatte bereits im vergangenen Jahr zehn Leopard 2A4 geschickt und plant für dieses Jahr die Entsendung von insgesamt 19 weiteren Panzern. Die ersten zehn sollen bis Ende Juni geliefert werden, neun weitere folgen im September.
Nach der neuen russischen Bodenoffensive gehen die schweren Kämpfe im Nordosten der Ukraine weiter. Die ukrainischen Truppen haben nach eigenen Angaben den russischen Angriff in der Stadt Wowtschansk im Gebiet Charkiw gestoppt. Die Frontlinie verläuft derzeit entlang des Flusses Wowtscha, der die Stadt in eine nördliche und eine südliche Hälfte teilt. Die ukrainischen Soldaten versuchen nun, Haus für Haus und Straße für Straße zurückzuerobern. Der russische Vormarsch wurde verlangsamt, ist aber nicht völlig zum Stillstand gekommen.
Bei Raketenangriffen auf die von Russland kontrollierte Stadt Swerdlowsk im Gebiet Luhansk geriet nach Angaben der Besatzungsbehörden ein Treibstofflager in Brand. Die Ukraine hat diese seit 2014 besetzte Stadt 2016 in Dowschansk umbenannt. Der Raketenangriff traf auch einen Stützpunkt russischer Truppen, wie ukrainische Medien berichten. Videos in sozialen Netzwerken zeigen starke Rauchwolken und ein brennendes mehrstöckiges Gebäude im Kasernenstil. Offizielle Angaben zu Toten und Verletzten wurden von den russischen Behörden nicht gemacht.