Zugleich sagte Putin, dass für den Krieg keine neue Teilmobilmachung nötig sei. Die Zahl der Freiwilligen werde bis Jahresende bei einer halben Million Vertragssoldaten liegen, täglich kämen 1500 hinzu. Putin lobte indes, dass die nach der umstrittenen Teilmobilmachung im vergangenen Jahr eingezogenen 300 000 Soldaten hervorragende Ergebnisse hervorbrächten. "Sie kämpfen ausgezeichnet", sagte der 71-Jährige.
Einmal mehr sprach er auch vom Ziel einer "Entnazifizierung" der Ukraine. Als Beispiele nannte Putin die Verehrung für den Nazi-Kollaborateur Stepan Bandera und den Fall eines Ukrainers, der im Zweiten Weltkrieg aufseiten der Nazis gekämpft hatte und im kanadischen Parlament im Beisein von Präsident Wolodymyr Selenskyj mit stehenden Ovationen bedacht wurde. Der Parlamentspräsident in Kanada musste danach zurücktreten.
Putin hielt nach einer kriegsbedingten Pause im Vorjahr erstmals wieder eine große Pressekonferenz ab. Die Fragerunde für Journalisten wurde als Medienspektakel des Staatsfernsehens mit der TV-Show "Der direkte Draht", bei der Bürger ihre Probleme schildern können, zur Sendung "Ergebnisse des Jahres" verknüpft.
Die Aufmerksamkeit für das mediale Großereignis ist nicht nur wegen Putins vernichtenden Angriffskrieges gegen die Ukraine groß. Es ist das erste Mal seit Beginn der Invasion, dass er sich in einem solchen TV-Format äußert. Der Kremlchef will am 17. März auch zum fünften Mal zum Präsidenten gewählt werden. Dafür hatte er eigens die Verfassung ändern lassen.
Trotz der westlichen Sanktionen hat Russlands Wirtschaft nach Angaben von Putin zugelegt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde in diesem Jahr um 3,5 Prozent steigen, sagte Putin am Donnerstag bei seiner landesweit übertragenen Pressekonferenz und Bürgersprechstunde. Zwar räumte er ein, dass die Inflation mit einem Wert zwischen 7,5 und 8 Prozent über dem selbst gesteckten Ziel liege. Doch gab sich der Kremlchef optimistisch, dass die Preissteigerungen im nächsten Jahr geringer ausfallen würden.
Nach Angaben Putins sind auch die Reallöhne trotz der Inflation um acht Prozent gestiegen. Die russische Volkswirtschaft habe eine unerwartet hohe Widerstandskraft bewiesen, die es dem Land erlaube, trotz des westlichen Drucks auf Wachstumskurs zu bleiben, erklärte der 71-Jährige. Putin erwähnte nicht, dass das Wachstum besonders auf die Kriegswirtschaft und Rüstungsproduktion zurückgeht. Experten betonten immer wieder, dass es sich nicht um natürliches oder gesundes Wachstum handele.
Die statistischen Daten in Russland sind aufgrund häufig wechselnder Berechnungsmethoden nur schwer überprüfbar. In die Berechnung der angeblich gestiegenen Einkommen etwa fließen auch die hohen Soldzahlungen für die an Russlands Angriffskrieg beteiligten Militärs in der Ukraine ein. Die Zahlungen liegen um ein Vielfaches über dem durchschnittlichen Einkommen.