"Wenn Italien ruft, sind wir da", erklärte Albaniens Premier Edi Rama in Rom an einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Und diese wiederum sprach von einem "historischen, innovativen Pakt" zwischen den beiden Ländern.
Das Abkommen ist auf beiden Seiten der Adria auf massive Kritik gestoßen. Die italienische Opposition sprach von einem "italienischen Guantanamo"; in Albanien bezeichneten die Kritiker die Zustimmung von Premier Rama zum italienische Migranten-Outsourcing als "Landesverrat". Sowohl in Rom als auch in Tirana meldeten Juristen und Verfassungsrechtler Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Pakts an. Insbesondere wurde die Frage in den Raum gestellt, ob die Rechte der Asylbewerber in diesen Zentren garantiert würden. In Italien kritisierte die Opposition des weiteren, dass das Abkommen in aller Heimlichkeit am Parlament vorbei ausgetüftelt worden sei, obwohl das Parlament internationale Verträge ratifizieren müsse.
In diesem Punkt ist die italienische Regierung den Kritikern inzwischen entgegengekommen: Dem Parlament werde das Abkommen in den nächsten zwei Monaten zur Ratifizierung vorgelegt, versicherte Außenminister Antonio Tajani am Dienstag in der Abgeordnetenkammer. Bei der Anhörung erläuterte Tajani außerdem einige Details der geplanten Zusammenarbeit mit Albanien.
So würden in die albanischen Zentren nur Migranten aus sogenannt sicheren Herkunftsländern gebracht, deren Aussicht auf Asylgewährung oder andere Formen internationalen Schutzes gering seien. Ihre Verfahren würden höchstens 28 Tage dauern. Das Lager in Gjader könne aber auch als Abschiebezentrum verwendet werden, wo die abgewiesenen Asylbewerber bis zu achtzehn Monate festgehalten werden können.
Damit hat Tajani indirekt jenen Kritikern Recht gegeben, die neben juristischen Bedenken auch Zweifel an der Effizienz dieser Lager äußern. Denn das zentrale Problem – nicht nur für Italien, sondern für alle europäischen Länder – besteht darin, dass abgewiesene Asylbewerber von ihren Herkunftsländern nicht oder nur in sehr geringer Zahl zurückgenommen werden.
Für die Lager in Albanien bedeutet dies: Entweder werden die Migranten, deren Asylgesuch abgelehnt wird, spätestens nach 28 Tagen nach Italien gebracht. Dann haben sie einfach einen kurzen Umweg über Albanien gemacht. Oder sie bleiben in Albanien bis zu 18 Monate in Abschiebehaft – in diesem Fall wären die Lager bereits nach zwei oder drei Wochen voll. Man hätte eine "extra-territoriale" Lösung für 3.000 Migranten gefunden – bei insgesamt 150.777 Geflüchteten, die allein in diesem Jahr bis zum 21. November in Italien angekommen sind.
"Die Lager sind eine reine Propaganda-Operation, genauso wie der bereits gescheiterte Pakt mit Tunesien eine war", betonte der Abgeordnete Nicola Fratoianni von der Alleanza Verdi-Sinistra (grün-linke Allianz). Die albanischen Lager würden das Dreifache dessen kosten, was eine Erweiterung der Asylstrukturen um gleich viele Plätze in Italien gekostet hätte, ohne das Geringste an der Situation zu ändern. Es handle sich um "eine weitere Idee der Regierung, die bei ihrem zentralen Wahlversprechen, der Bekämpfung der Migration, nicht mehr weiter weiß".
Matteo Richetti von der Mittepartei Azione erklärte, dass der Bau zweier Gebäude in Albanien die Rechtswähler vielleicht glauben lasse, ihre Regierung tue etwas. "Aber die beiden Lager werden das Problem der Migration ganz sicher nicht lösen."