Deutschland schnieft und röchelt, Atemwegsinfektionen lassen den Krankenstand in der Republik gerade nach oben schnellen. Mittlerweile liegen offenbar derart viele Lehrkräfte flach, dass der Grundschulverband nun Alarm schlägt: An einzelnen Standorten, warnt der Verband, könne der Unterrichtsbetrieb in einer Weise beeinträchtigt werden, dass es zu Kürzungen im Stundenplan kommen könne. Und, ja, im äußersten Fall auch zu Schulschließungen.
Sollte es so weit kommen, wäre es das Eingeständnis eines anhaltenden Versagens der deutschen Bildungspolitik. Weil es so absehbar war. Schließlich prallen hier mit Ansage zwei Krisen aufeinander, eine akute, die Gesundheitskrise, und eine strukturelle, die Fachkräftekrise.
Die Wucht der Infektionswelle mag überraschend sein. Aber dass es an Lehrerinnen und Lehrern im deutschen Schulwesen fehlt, ist seit Jahren bekannt. Über die Scherben, die dieser vermeidbare Zusammenstoß zweier Krisen verursacht, dürfen mal wieder die Schülerinnen und Schüler laufen.
Was haben wir aus Corona gelernt? Ein paar Luftfilter in den Klassenräumen können nicht kaschieren, dass der wichtigste Filter, die Lehrerausbildung, heillos verstopft ist von zu viel Bildungsbürokratie. Der Fachkräftemangel an unseren Schulen, er ist ein hausgemachtes Problem. Das System filtert mit starren, nicht mehr zeitgemäßen Anforderungen viele von denen heraus, die für diesen Beruf durchaus geeignet wären, denen der Lehrerarbeitsmarkt aber aktuell verschlossen bleibt.
Zum Start in das laufende Schuljahr 2023/24 waren Tausende Lehrerstellen im Land unbesetzt, gleichzeitig steigen die Schülerzahlen, der aktuellen Vorausberechnung der Kultusministerkonferenz (KMK) zufolge werden es bis zum Jahr 2035 eine Million mehr sein als heute. Noch nicht einberechnet sind hier geflüchtete Kinder und Jugendliche, etwa aus der Ukraine. Die Lage ist angespannt. Und trotzdem sind wir weiter viel zu unflexibel, um darauf zu reagieren.
Zwar gibt es vermehrt Quereinsteiger, etwa Studierende ohne spezifische Lehramtsausbildung, aber die Hürden sind noch immer viel zu hoch. Es braucht ein Sofortprogramm, um aktiv für den Quereinstieg zu werben, außerdem muss der Zugang zum Lehramtsstudium erleichtert werden. Dass zudem etliche ausländische Lehrkräfte im Land leben, die trotz abgeschlossenen Studiums und teils langjähriger Berufserfahrung häufig keine Aussicht auf Anerkennung haben, ist absurd. Auch hier müssen die Schranken endlich fallen.
Denn es ist ja auch so: Durch fehlende Lehrkräfte steigt die Arbeitsbelastung für die, die den Beruf trotz allem noch machen. Nicht wenige schmeißen deshalb hin, gehen früher in den Ruhestand oder verkürzen die Arbeitszeit. Wodurch der Druck auf das Gesamtsystem Schule zusätzlich steigt. Ein Teufelskreis. Niemand kann etwas für eine Erkältungswelle. Darauf vorbereitet sollte man aber schon irgendwann mal sein.