Die "Politik des Aussitzens und Wegmoderierens wird wahrscheinlich so nicht weitergehen", sagte sie an die Adresse der Regierungskoalition. Die Frage sei, "mündet der Umbruch in Aufbruch oder in die Katastrophe", fügte die 54-Jährige mit Blick auf das Erstarken rechter Kräfte in Deutschland hinzu.
Auch sie selbst habe "Angst vor dem Erstarken der AfD", sagte Wagenknecht. Wer die Partei aber wirklich schwächen wolle, solle auch für einen Mindestlohn von wenigstens 14 Euro, höhere Renten und bezahlbare Energie demonstrieren, sagte sie mit Blick auf die derzeitigen Demonstrationen gegen rechts. Die Menschen sollten "am besten gleich für Neuwahlen und ein Ende der unsäglichen Ampel-Politik" auf die Straße gehen, fügte sie hinzu.
Wagenknecht wandte sich gegen "Wirtschaftssanktionen, die nicht Russland, sondern die deutsche Wirtschaft ruinieren". Unter starkem Beifall der Delegierten forderte sie, den Krieg in der Ukraine "so schnell wie möglich" und auf dem Verhandlungsweg zu beenden. Auch Krieg sei "vor allem ein Geschäft", bei dem es um Rohstoffe, Einflusssphären und Waffenverkäufe gehe. "Deswegen sagen wir Nein zu Krieg und Nein zu Waffenexporten in Kriegsgebiete", betonte sie einen zentralen Grundsatz ihrer Partei.
Mit Blick auf die von jahrelangem Streit geprägte Linkspartei, der Wagenknecht lange angehörte, rief sie die in Berlin versammelten BSW-Gründungsmitglieder zu Geschlossenheit auf. "Wir sind keine Linke 2.0", betonte sie. Das müsse auch "für unseren Umgang miteinander gelten", sagte Wagenknecht und appellierte: "Lasst uns pfleglich miteinander umgehen."
Die Partei Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat auf ihrem ersten Bundesparteitag die Parteispitze um die beiden Vorsitzenden Wagenknecht und Amira Mohamed Ali komplettiert. Die Delegierten wählten am Samstag die Berlinerin Friederike Benda und Amid Rabieh aus Nordrhein-Westfalen zu stellvertretenden Parteivorsitzenden. Beide waren zuvor für die Linke aktiv, Rabieh war stellvertretender NRW-Landesvorsitzender. Dritter Parteivize ist der Wirtschaftswissenschaftler Shervin Haghsheno.
Haghsheno wurde ebenso wie die Doppelspitze aus Wagenknecht und Mohamed Ali bereits auf dem Gründungsparteitag am 8. Januar gewählt. Generalsekretär der neuen Partei ist der Bundestagsabgeordnete Christian Leye, Schatzmeister der Unternehmer Ralph Suikat und Bundesgeschäftsführer Lukas Schön.
Der Linke-Politiker Gregor Gysi hat Sahra Wagenknecht und ihre neue Partei kritisiert. Es sei ein unmoralischer Beginn für das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), weil zehn Bundestagsmandate "gestohlen" worden seien, sagte Gysi am Samstag beim Landespartei der brandenburgischen Linken in Templin. Nach dem Parteiaustritt von zehn linken Bundestagsabgeordneten hatten diese ihre Parlamentsmandate nicht abgegeben. Das Argument stimme auch nicht ganz, dass die meisten Menschen die Linke nur wegen Wagenknecht gewählt hätten, meinte Gysi.
Gysi sagte: "Ich bin ja schon eitel, trotzdem hätte ich mich nie getraut, einer Partei meinen Namen zu geben." Hauptgegner der Linken sei aber nicht Wagenknechts Partei, sondern die AfD.