Die Begnadigungen waren an strenge Voraussetzungen geknüpft. Unter anderem werde keinen Gefangenen vergeben, denen Spionage zur Last gelegt wird. Auch Mord, Beschädigung oder Brandstiftung von Regierungs- oder Militäreinrichtungen schließen einen Gnadenspruch aus. Die Amnestien seien ein Ablenkungsmanöver, nachdem die politische und geistliche Führung unter Druck geraten war, sagten Kritiker. Sie bemängelten auch, dass für eine Begnadigung eine Anklage vorliege müsse. Sei dies nicht der Fall, müssten sich Inhaftierte selbst belasten, kritisierten Menschenrechtler.
Die jüngste Protestwelle im Herbst hatte Irans Führung in die schwerste Krise seit Jahrzehnten gestürzt. Auslöser war der Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini im Polizeigewahrsam. Die 22-Jährige war vor rund einem halben Jahr wegen Verstoßes gegen die islamischen Kleidungsvorschriften festgenommen worden. Mehr als 500 Demonstranten wurden im Rahmen der Proteste getötet, rund 20 000 nach Schätzungen von Menschenrechtlern inhaftiert.
Chamenei hat die Vergiftungswelle an Mädchenschulen als "unverzeihliches Verbrechen" bezeichnet. "Die Urheber dieses Verbrechens müssen streng bestraft werden. Es wird keine Amnestie für solche Leute geben", sagte der Religionsführer am Montag laut der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA. "Die Behörden müssen den Fall der vergifteten Schulkinder ernsthaft untersuchen", sagte das Staatsoberhaupt. Chamenei, der im Iran in allen strategischen Belangen das letzte Wort hat, äußerte sich damit erstmals zu der landesweiten Vergiftungswelle.
Die ersten Fälle der mysteriösen Vergiftungen wurden bereits im November gemeldet. Irans Regierung geht von gezielten Angriffen aus. Betroffen sind fast ausschließlich Mädchenschulen. Landesweit wurden bisher Hunderte Schülerinnen in Krankenhäusern behandelt. Eltern und Angehörige sind empört und wütend, noch immer gibt es keine offizielle Erklärung. Sie werfen den Behörden Versagen vor und geben ihnen eine Mitschuld. Ärzte sprechen von Gasvergiftungen.
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