So meldete es der Bericht zum "Globalen Kohlenstoffbudget": ein Plus von 1,1 Prozent gegenüber 2022 und von 1,4 Prozent gegenüber dem Vor-Corona-Jahr 2019.
Die zweite Rekordmeldung des Tages kam nicht besser an: Auf dem Treffen in Dubai sind mindestens 2456 Vertreter der Fossilindustrie offiziell akkreditiert, viermal mehr als im Vorjahr in Ägypten. Das ergab eine Auswertung von Daten des UN‑Klimasekretariats UNFCCC durch die zivilgesellschaftliche Kick-Big-Polluters-Out-Koalition. Kein Wunder, grummelte es da auf den Fluren der Konferenz, dass die Verhandlungen um das Abschlusspapier noch weit entfernt davon sind, dass die Welt sich auf ein Datum für den kompletten Verzicht auf die Brennstoffe einigt.
Die ebenfalls als Beobachter registrierten Aktivistinnen und Aktivisten reagierten empört und kamen auf dem COP-Gelände zu spontanen Demonstrationen zusammen. "2456 fu##### Kohle-, Öl- und Gaslobbyisten bei der COP", zürnte Luisa Neubauer von Fridays for Future Deutschland auf X. "Und das Bittere: Es überrascht nicht mal mehr." David Tong von Oil Change International prangerte an, dass die fossile Industrie und ihre Unterstützerinnen und Unterstützer in vielen Regierungen weiter Milliarden in klimaschädliche Geschäfte investierten – mit desaströsen Folgen für Mensch und Planet. "Lobbyisten für Kohle, Gas und Öl müssen rausgeworfen werden aus der COP28", forderte er.
Gelassener sieht das Jochen Flasbarth, der in seiner Rolle als Staatssekretär aus dem Entwicklungsministerium frisch in Dubai angereist war – aber schon so viele Bundesregierungen auf so vielen Klimakonferenzen vertreten hat, dass er auf COPs längst ein alter Hase ist. Wobei er die Bezeichnung "alter Hase" mit zunehmendem Alter immer weniger als Kompliment empfinde, wie er bei einer Pressekonferenz zu Protokoll gab. "Ich bin da ganz entspannt", sagte er über die 2456 fossilen Lobbyisten. Die Medien würden deren Aussagen ja nie für bare Münze nehmen, zudem sei vor Ort "das Gewicht der Umweltverbände enorm", so Flasbarth: "Da finde ich es richtig, dass wir die Türen für diese Klimakonferenzen seit jeher immer offen halten für alle."
Auch der Angst, dass ein Ausstiegsbeschluss aus Kohle, Öl und Gas nicht mehr zu erreichen sei, setzte er Optimismus entgegen: "Abgerechnet wird zum Schluss." Immerhin vertrete die Bundesregierung in Dubai zu dem Thema geschlossen "eine vollständig klare Haltung", so Flasbarth: "Wir wollen, dass der Fossilausstieg international vereinbart wird", betonte er. "Und da sind natürlich viele auf dem Weg, denen das nicht passt." Tatsächlich hatten zuvor sogar die Klimaaktivistinnen und ‑aktivisten gelobt, dass der Bundeskanzler zum Auftakt diese klare Botschaft ans Plenum gerichtet hatte.
Selbst COP-Präsident und Ölkonzernchef Sultan Al‑Dschaber – dem auf der Konferenz zuletzt viel Groll entgegenschlug wegen früherer Äußerungen, in denen er sich gegen einen Abschied von fossilen Energien gewandt hatte – betonte inzwischen mehrfach, dass er sehr wohl hinter diesem Ziel stehe.
Die Pressekonferenz der Bundesregierung am Dienstag hätte Jochen Flasbarth eigentlich gemeinsam mit Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne) abhalten sollen. Schließlich wollte man gemeinsam Deutschlands Beitrag zur globalen Energiewende sowie eine neue Wasserstoffpartnerschaft mit wichtigen Industrie- und Schwellenländern vorstellen. Habeck allerdings – auch das aus deutscher Sicht ein Stimmungskiller zur Konferenzmitte – war in den laufenden Haushaltskrisen-Verhandlungen unverzichtbar und musste auf Bitten des Kanzlers seinen Staatssekretär Stefan Wenzel als Vertretung schicken.
Dafür warteten Wenzel und Flasbarth nun mit guten Nachrichten auf: Mehr als 120 Staaten haben sich bereits der deutschen Initiative angeschlossen, die weltweite Kapazität erneuerbarer Energien bis 2030 zu verdreifachen und die Energieeffizienzverbesserungs-Rate zu verdoppeln, erklärten sie. Deutschland setzt sich dafür ein, dieses Ziel zusammen mit dem Ausstieg aus fossilen Energien auch in der Abschlusserklärung aller 197 Konferenzteilnehmenden zu verankern – am besten völkerrechtlich verbindlich. So setze man auch "ganz klare Signale an die Märkte": "Wer heute noch in Öl und Gas investiert, der riskiert verlorene Investitionen, der riskiert, dass sein Geld am Ende weg ist", sagte Wenzel.
Zweite "good news": Die Haushaltssperre habe für die meisten Zusagen, die Deutschland in Dubai geplant hatte, keine Auswirkungen, beruhigte Flasbarth. Man habe vom Finanzministerium entsprechende Freigaben bekommen, und alles andere könne man zumindest in Aussicht stellen.
Und drittens stellte die Bundesregierung in Dubai einen multilateralen Pakt für grünen Wasserstoff vor: Industrienationen wie die G7‑Länder, die einen großen Bedarf an dem klimafreundlichen Ersatz für fossile Brennstoffe erwarten, unterstützen solar- und windkraftreiche Länder dabei, die Produktion schnell hochzufahren, und erhalten dafür Lieferzusagen. Damit stehe eine Alternative zu den Fossilen auch für die Sektoren vor dem Marktdurchbruch, die sich nicht durch Umstieg auf Elektroantriebe klimafreundlich umbauen lassen, sagte Flasbarth. "Das setzt das alte System natürlich unter Stress", erklärte er das Ringen um den Ausstiegsbeschluss in Dubai. "Aus meiner Sicht ist das jetzt das letzte Aufflackern der fossilen Welt."