Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch warnte, Gewalt könne die Abhaltung der Wahlen behindern. Laut HRW wurden seit Anfang Oktober mehrere Zusammenstöße zwischen Anhängern rivalisierender Parteien dokumentiert, bei denen mehrere Menschen verletzt wurden und mindestens ein Mensch ums Leben kam.
Die EU verurteilte jegliche Versuche, "die Bevölkerung auf der Basis ethnischer Zugehörigkeit oder Herkunft zu spalten" als inakzeptabel. Die Behörden seien dafür verantwortlich, für eine freie, transparente und friedliche Wahl zu sorgen.
"Was in der Demokratischen Republik Kongo geschieht, zählt nicht nur für seine Bevölkerung, sondern für jeden, der diesen Planeten sein Zuhause nennt", schreibt das Fachmagazin "The Continent" in seiner jüngsten Ausgabe. Zum einen schlummern in Kongos Böden die größten bislang bekannten Kobaltvorkommen. Das Metall ist wichtiger Bestandteil von Lithium-Ionen-Akkus, die wiederum die grüne Energiewende tragen sollen – etwa in E-Autos. Zum anderen erstreckt sich im Kongo der zweitgrößte Regenwald der Welt. Ihn am Leben zu erhalten ist entscheidend für den Kampf gegen die Erderwärmung. Doch die Bedingungen sind schwierig. Am kommenden Mittwoch soll in Afrikas zweitgrößtem Land gewählt werden.
Die Weltrettung braucht auch Stabilität. Doch an der fehlt es in der DR Kongo seit der Unabhängigkeit von Belgien im Jahr 1960, genauso wie es an guter Regierungsführung und Frieden mangelt. Im Ostkongo sind immer noch mehr als 120 bewaffnete Rebellengruppen aktiv. Seit Jahren werden sie erfolglos von UN-Friedenssoldaten und ‑soldatinnen bekämpft.
"Seit Jahrzehnten durchleben die Kongolesen nun schon diesen Krisensturm", sagte Fabien Sambussy, Landesdirektor der Internationalen Organisation für Migration (IOM). Die UN-Behörde vermeldete vor zwei Monaten einen neuen Hochstand: Derzeit seien knapp sieben Millionen Menschen im Kongo als Binnenvertriebene auf der Flucht – eine der höchsten Zahlen der Welt. Eine kleine Gruppe von ihnen traf zu Jahresbeginn auf Papst Franziskus, der bei seiner Afrikareise ein Ende des Konflikts forderte. Auch auf die bevorstehenden Präsidentschafts-, Parlaments- und Lokalwahlen habe die humanitäre Tragödie Auswirkungen, warnen Fachleute. So seien etwa eine Million Stimmberechtigte im Ostkongo laut der International Crisis Group durch die anhaltenden Kämpfe vom Wahlprozess ausgeschlossen.
Wie demokratisch sind also die Wahlen im Kongo? Sind sie glaubwürdig oder eher zweckmäßig? Diese Fragen stellen sich nach dem letzten Urnengang nicht nur die 99 Millionen Kongolesen, sondern vor allem auch internationale Beobachter. 2019 – kurz nach den Wahlen am 30. Dezember 2018 – war in der Hauptstadt Kinshasa der langjährige Oppositionsführer Félix Tshisekedi an die Macht gelangt. Er steht im Verdacht, einen "Hinterzimmer-Deal" mit seinem Vorgänger Joseph Kabila geschlossen zu haben. Der Clan des Autokraten übt weiterhin großen Einfluss aus.
Jetzt wollen mehr 20 Kontrahenten Tshisekedi im Amt ablösen. Als aussichtsreich gilt neben dem Geschäftsmann Moise Katumbi auch der Friedensnobelpreisträger Denis Mukwege, der für seinen Einsatz für im Krieg Vergewaltigte globale Bekanntheit erlangte. Daneben tritt auch Martin Fayulu erneut an. Er gilt als eigentlicher Wahlsieger vom 30. Dezember 2018 und unterstellt Tshisekedi nach dessen erster Amtszeit ein "Versagen in allen Punkten".
Zumindest theoretisch konnte Tshisekedi etwas bewegen. Er ordnete eine kostenlose Grundschulbildung an, auch die Geburtshilfe sollte der Staat übernehmen. Allem voran in ländlichen Gebieten funktioniere das aber noch nicht wirklich, berichtet Jakob Kerstan, Vertreter der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in Kinshasa: "Der Großteil der Bevölkerung hat unter Tshisekedi keine beachtliche positive Veränderung seines Lebensstandards in den letzten fünf Jahren zu spüren bekommen."
Eine politische Aufbruchstimmung, wie sie 2018 noch herrschte, sei heute der Apathie gewichen. Daher müsse man sich trotz aller Probleme mit Tshisekedi als wahrscheinlichem Wahlsieger auseinandersetzen, meint Kerstan. Ein Kompromiss. Stichwort Regenwald: "Will man sich intensiver mit Klimaschutz befassen, muss man auch mit Ländern reden und kooperieren, die sehr schwierige Bedingungen vorweisen, wie das beim Kongo der Fall ist." Weniger Geduld legte drei Wochen vor dem Urnengang die EU an den Tag, die überraschend ihre Wahlbeobachtungsmission absagte. "Technische Einschränkungen", wie es offiziell hieß. Angeblich hätten Kongos Behörden ihren Delegierten untersagt, Satellitentelefone mit ins Land zu bringen.