Seiner Prognose nach werde die aktuelle Welle im April ihren Höhepunkt haben und sich dann abschwächen. "Nicht wegen irgendwelcher Saisonalitäten, daran glaube ich nicht mehr. Sondern weil wieder eine Durchseuchungsrunde vorüber ist."
Derzeit plagen sich in Deutschland viele Menschen mit Atemwegserkrankungen herum. Allerdings ist laut RKI bei nur sieben Prozent der Menschen, die deshalb zum Arzt gehen, der Auslöser Sars-CoV-2. Eine wesentlich größere Rolle spielen Influenza- und Rhinoviren. Lehr sagt, was später komme, sei ungewiss. "Das wird immer davon abhängig sein, ob es eine neue Variante gibt und wie lange der Impfschutz anhält." Mit rund 40 Millionen gemeldeten Infektionen seit Pandemiebeginn vor gut drei Jahren plus Dunkelziffer gebe es bundesweit eine "relativ große" Immunität. "Mehr oder weniger die komplette Bevölkerung dürfte einmal Kontakt mit dem Virus gehabt haben", sagte der Professor für Klinische Pharmazie an der Universität des Saarlandes.
Die Folgen der Infektionen würden Forscher und Mediziner noch lange beschäftigen. "Es gibt kaum Long-Covid- und Post-Covid-Ambulanzen. Das ist eine Lücke, die wir haben", sagte der Wissenschaftler. Von Long-Covid spreche man, wenn Betroffene bis zu zwölf Wochen nach einer Infektion unter Folgen litten. Post-Covid bezeichneten Folgen, die zwölf Wochen oder länger anhielten. "Auch Forschung gibt es nicht genug. Da ist Aufholarbeit nötig." So wisse man nicht, was für Langzeitfolgen ein paar Jahre nach einer Infektion ("Long-long-Covid") auftreten könnten: Etwa ob Viren, die im Körper blieben, auch Autoimmunkrankheiten auslösen könnten. "Ich glaube, dass wir da wachsam sein müssen. Folgeerkrankungen, die da auftreten, werden auch nicht einfach zu diagnostizieren sein." Zudem müsse man sich beschäftigen mit dem Post-Vac-Syndrom, den Impfschäden.
Lehr hatte mit seinem Forscherteam einen "Covid-Simulator" entwickelt, der in der Corona-Pandemie das Infektionsgeschehen in Deutschland berechnete und Prognosen lieferte. "Wegen fehlender Datenquellen kommt unser Simulator an seine Grenzen. Ich gehe davon aus, dass wir Ende des Monats erstmal pausieren müssen."
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