Der misst mit 37 Einzelindikatoren in fünf Kategorien, wie weit eine Stadt auf ihrem Digitalisierungspfad vorangeschritten ist. "Nach drei Jahren Hamburg ist 2023 München die digitalste Stadt", präsentierte der Bitkom-Chef die aktuellen Ergebnisse. Der Vorsprung sei aber nur hauchdünn.
München kommt auf 84,5 von 100 möglichen Punkten, die Hansestadt auf 83,9 Punkte. Als Dritter auf dem Treppchen steht Köln. Wirklich zurück geht es bei den Punkten nur in Ausnahmefällen. Unterschiede gibt es dagegen im Digitalisierungstempo. 2019 hätten noch weniger als 80 Punkte für den ersten Platz gereicht, erklärt Wintergerst die Entwicklung. Der damalige Zehnte wäre mit seinen seinerzeitigen Punkten heute auf Rang 43. Das zeigt, es geht digital allgemein aufwärts, zumindest in Großstädten.
Bis 2035 werden sämtliche Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen mit KI-Anwendungen konfrontiert sein, lautet die Prognose von Arbeitsminister Hubertus Heil. Wie realistisch ist diese Einschätzung? Und ist das ein Grund zur Freude oder eher nicht? Antworten gibt Britta Matthes vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), die auch den Minister berät.
Es gibt aber auch ein digitales Leistungsgefälle. "Wir befinden uns auf relativ hohem Niveau unter den Top 20", sagt Wintergerst dazu. In manchen der fünf Kategorien Verwaltung, Energie und Umwelt, IT und Kommunikation, Mobilität sowie erstmals auch Gesellschaft und Bildung gibt es zudem herausragende Leuchttürme. So ist Trier als die älteste Stadt Deutschlands bundesweiter Spitzenreiter bei Energie und Umwelt mit ausgesprochenen Stärken in Elektromobilität, Solarstrom oder energiesparender Straßenbeleuchtung. München ist die Nummer eins bei IT und Kommunikation sowie Verwaltung, Hamburg in den Bereichen Mobilität sowie Gesellschaft und Bildung. Speziell die digitale Inklusion Älterer hebt Bitkom in der Hansestadt hervor.
"Aber es gibt auch andere Beispiele", räumt Wintergerst ein und kommt auf die Schattenseiten zu sprechen. Dort verharrt ausgerechnet die Bundeshauptstadt Berlin. "Sie hat in allen Bereichen nachgelassen", betont der Bitkom-Chef. War Berlin 2019 im Smart-City-Index noch Vierter, ist die Hauptstadt bis 2023 auf Rang 24 nach unten durchgereicht worden. Als eine von nur fünf von 81 Städten hat Berlin für den Smart-City-Index nicht einmal selbst Daten geliefert. Bitkom musste sich die über Umwege besorgen. "Berlin hat mehr Potenzial", glaubt Wintergerst. Aber so, wie die Stadt sich digital derzeit präsentiert, sei das auch für das Image Deutschlands nicht förderlich. Auch Frankfurt am Main steht mit Gesamtrang 22 nicht gerade positiv da. Als Gesamtachter ist Stuttgart unter den Landeshauptstädten dagegen gut dabei. Wolfsburg ist 2023 einer der Hauptaufsteiger mit einer Verbesserung um 19 Plätze auf Rang 23.
Allgemein schneiden Universitätsstädte digital besser ab – und regional solche in Bayern, Baden-Württemberg und auch Sachsen, erklärte Wintergerst. Hessen und Rheinland-Pfalz liegen leicht über dem Bundesschnitt, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen darunter.
Entscheidend seien das eigene Zutun und eine Digitalstrategie, betonte der Bitkom-Chef. Um erfolgreich zu sein, müsse man digitale Kompetenzen in einer Stadtverwaltung bündeln und eng mit örtlicher Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft kooperieren. Wichtig sei es zudem, sich auf Mobilität und den Gebäudebestand zu konzentrieren. Vor allem aber könne man kostengünstig und zeitsparend viel mehr voneinander lernen.
"Es gibt digitale Vorzeigelösungen", klärt Wintergerst auf. Aber viele Städte wollten alles selbst entwickeln und kämen dadurch kaum voran. Unterschiedliche Bestimmungen zum Datenschutz von Land zu Land und oft noch kleinteiliger würden es erschweren, Vorhandenes zu übernehmen, räumte er ein und sieht Bund und Länder gefordert, für Vermittlung und Klarstellung zu sorgen. Wer schon heute erfolgreich ist, kooperiert aber bereits digital. So verbindet München, Hamburg und Leipzig das digitale Pilotprojekt Connected Urban Twins.
Allgemein hapere es digital bundesweit noch am meisten im Bereich Energie und Umwelt, kritisiert der Bitkom. Das signalisiert fehlende Elektroladeinfrastruktur, zu wenige Elektroautos oder mangelhaftes Umweltmonitoring. Und wenn man sieht, dass Bremerhaven als 81. und damit letzter im Smart-City-Index mit mageren 35,4 Punkten weit weniger als die Hälfte des Spitzenreiters Münchens erreicht, ist auch die enorme Spreizung ein Anlass zur Sorge.