Nach Angaben aus Polizeikreisen erwähnte er in seinem Bekennervideo "das Ermorden unschuldiger Muslime". Die Mutter des mutmaßlichen Täters habe bereits Ende Oktober die Behörden informiert, dass sie sich um den Zustand ihres Sohnes sorge, da dieser sich stark zurückziehe. "Es gab jedoch keinen Anlass für eine strafrechtliche Verfolgung", sagte Ricard.
Der in Frankreich geborene Mann stammt demnach aus einer nichtreligiösen iranischen Familie. Er sei mit 18 Jahren zum Islam konvertiert und habe sich dann schnell der dschihadistischen Ideologie zugewandt. Er habe mit anderen dschihadistischen Attentätern in Kontakt gestanden und zudem vorgehabt, in das syrisch-irakische Grenzgebiet auszureisen.
2016 wurde er dann wegen der Planung eines Anschlag im Pariser Geschäftsviertel La Défense zu fünf Jahren Haft verurteilt, von denen er vier Jahre verbüßte. Anschließend stand er weiter unter juristischer Aufsicht. In dieser Zeit habe er unter anderem Kontakt mit dem künftigen Mörder des Lehrers Samuel Paty aufgenommen.
Wegen anhaltender psychischer Probleme ordnete die Anti-Terrorismus-Staatsanwaltschaft eine psychiatrische Behandlung an, die im vergangenen April endete. Nach Informationen aus Ermittlerkreisen bescheinigten ihm die Ärzte zu dem Zeitpunkt, das von ihm keine Gefahr ausgehe. Seitdem habe er unter Beobachtung des Geheimdienstes gestanden, sagte der Staatsanwalt.
Der 26-Jährige war am Samstagabend nach Angaben der Ermittler gegen 20.30 Uhr in der Nähe des Eiffelturms mit einem Hammer und einem Messer auf eine kleine Gruppe philippinischer Touristen losgegangen. Als ein Taxifahrer eingreifen wollte, habe er "Allah ist groß" geschrien. Ein 23-Jähriger, der die deutsche und philippinische Staatsangehörigkeit besitzt, erlag seinen Verletzungen. Die beiden anderen, unter ihnen die Partnerin des Getöteten, blieben körperlich unverletzt, stehen aber unter Schock.
Der mutmaßliche Täter entkam zunächst und flüchtete über eine Brücke auf die andere Seite der Seine, wo er einen 60-jährigen Franzosen und einen 66-jährigen britischen Touristen verletzte. Eine Polizeistreife setzte ihn schließlich mit einer Elektropistole außer Gefecht.
Bei seiner Festnahme soll der 26-Jährige davon gesprochen haben, dass er es nicht ertragen könne, dass Muslime in "Afghanistan und Palästina" getötet würden. Frankreich warf er vor, Israels "Komplize" im Gaza-Krieg zu sein. Drei Personen aus seinem Umfeld wurden laut Ricard in Gewahrsam genommen.
Die erneute dschihadistisch motivierte Tat - zwei Monate nach dem tödlichen Messerangriff auf einen Lehrer in Arras und wenige Monate vor den Olympischen Sommerspielen in Paris - löste weithin Bestürzung aus.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) äußerte sich erschüttert. Ihre Gedanken seien bei den Freunden und der Familie des jungen Mannes, gleichzeitig wünsche sie den Verletzten gute Besserung, erklärte sie im Onlinedienst X. "Hass und Terror haben in Europa keinen Platz", fügte sie hinzu.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach den Angehörigen des Todesopfers sein Beileid aus. Premierministerin Elisabeth Borne betonte: "Wir werden dem Terrorismus nicht klein beigeben."
Nach einem Sicherheitstreffen am Sonntagnachmittag in Paris forderte Innenminister Gérald Darmanin, den Behörden künftig mehr Handlungsspielraum bei der Verpflichtung zu psychiatrischer Behandlung zu geben.
Seit dem Großangriff der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober und dem nachfolgenden Krieg haben die Spannungen in Frankreich mit seinen großen jüdischen und muslimischen Bevölkerungsanteilen massiv zugenommen.
In Frankreich gilt die höchste Anschlag-Alarmstufe, nachdem am 13. Oktober an einer Schule im nordfranzösischen Arras ein radikalisierter Ex-Schüler einen 57-jährigen Lehrer erstochen und drei weitere Mitarbeiter verletzt hatte.