Eine Online-Petition zum Entzug von Grundrechten des AfD-Politikers Björn Höcke hat nach zwei Monaten die Marke von einer Million Unterschriften überschritten. Am Dienstagabend wurden auf der Website der vom Verein Campact ins Leben gerufenen Petition rund 1,05 Millionen Unterzeichner gezählt. Einen Tag zuvor waren es noch mehr als 200.000 weniger. Die Petition fordert, dass die Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf Grundrechtsverwirkung nach Artikel 18 des Grundgesetzes stellt.
Gemäß dieses Artikels können demjenigen einzelne Grundrechte genommen werden, der diese "zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht". Es könnten also zum Beispiel das Wahlrecht oder die Befugnis, öffentliche Ämter auszuüben, entzogen werden.
Der bayerische Ministerpräsident Söder hatte sich skeptisch über die Erfolgschancen einer Online-Petition zum Entzug von Grundrechten des AfD-Politikers Höcke geäußert. Söder bekräftigte gegenüber Welt TV auch seine ablehnende Haltung zu einem Verbotsverfahren gegen die AfD. Dies würde den "Märtyrerstatus" der Partei stärken. "Die AfD entwickelt sich zunehmend verfassungsfeindlich", sagte der Ministerpräsident. Das reiche aber noch nicht für ein Verbot. Stattdessen solle zunächst zusammengetragen werden, "was die AfD so macht", sagte Söder weiter. Dazu gehörten auch Berichte, denen zufolge in Gaststätten "Ausländer raus"-Rufe gegrölt worden seien. Zur Landtagsfraktion der AfD in Bayern sagte Söder: "Das ist, glaube ich, ein ziemlich brauner Club."
Am Ende einer solchen Auswertung stehe dann "vielleicht eine Bewertung zu einer Verfassungsfeindlichkeit", sagte der CSU-Vorsitzende. Das würde schon reichen, um "beispielsweise Geldmittel neu zu steuern". Eine "Inkompatibilität mit dem Öffentlichen Dienst" wäre eine weitere Folge, sagte Söder zu Welt TV.
Zurzeit wird gegen Höcke vor dem Landgericht Halle wegen des Vorwurfs der Verwendung von NS-Vokabular verhandelt. "Dieser Mann ist ein wahrhaft gefährlicher Feind der freiheitlichen Demokratie", heißt es in der Petition über Höcke.
Gegenüber den Funke-Zeitungen zeigte Faeser sich auch skeptisch über die Erfolgsaussichten eines möglichen AfD-Verbotsverfahren. "Ein Parteiverbot hat sehr hohe Hürden", sagte sie. "Unsere Verfassung sieht dieses schärfste Instrument der wehrhaften Demokratie zurecht als Ultima Ratio vor. Das kann niemand bei einer entsprechenden Sachlage ausschließen. Politisch ist aber klar: Wenn sich Menschen einer solchen Partei zuwenden, müssen wir dafür werben, dass diese Menschen zu den demokratischen Parteien zurückkommen."
Auf die Nachfrage, ob ein Verbotsantrag vor den Landtagswahlen im September ausgeschlossen sei, entgegnete Faeser: "Verbotsverfahren sind langwierig. Und nochmals: Das ist das schärfste juristische Mittel und kein Mittel der politischen Auseinandersetzung." Eindringlich warnte Faeser vor einer Regierungsübernahme der AfD. "Die AfD verachtet unser modernes Deutschland", sagte sie. "Sie will die Rolle der Frau zurückdrehen, freie Medien und die unabhängige Justiz angreifen - und offenkundig viele Menschen, die eine Einwanderungsgeschichte haben, nicht in unserem Land haben."
Faeser wolle weitere Schritte der Verfassungsschützer abwarten. "Wenn wir Hinweise von den Landesbehörden haben, die das rechtfertigen, müssen wir das prüfen", sagte Faeser dem Sender SWR zum möglichen Grundrechteentzug Höckes. Deutschland sei heute ein anderes Land als in den 1930er Jahren, sagte Faeser mit Blick auf Vergleiche mit dem Aufstieg der Nationalsozialisten. "Trotzdem müssen wir aufpassen und die Gefährdung unserer Demokratie erkennen."