Der Bundesrat hat dieses Gesetz mit dem Argument blockiert, die Länder müssten einen Großteil der Kosten tragen. Im Vermittlungsverfahren wurde bereits ein Kompromiss entwickelt, der das Volumen der Entlastungen von einst geplanten sieben Milliarden Euro jährlich auf 3,2 Milliarden Euro senkt. Die unionsgeführten Länder wollen dem Gesetz aber zusätzlich nur dann zustimmen, wenn SPD, Grüne und FDP auf die vom Bundestag bereits beschlossene Streichung der Steuervergünstigung beim Agrardiesel für Landwirte verzichten. Am Mittwochabend sollte der Vermittlungsausschuss tagen, um eine Einigung zu erreichen.
Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Wir erwarten ein Stärkungspaket für Wirtschaft und Landwirtschaft. Der Bund muss sich stärker engagieren, um die Wirtschaft zu unterstützen." Konjunkturpolitik sei Aufgabe des Bundes. Der CSU-Abgeordnete Florian Oßner betonte im Bundestag: "Wir strecken sehr gerne zu jeglicher Zusammenarbeit die Hand aus. Es kann aber nicht sein, dass die einen Leistungsträger gegenüber den anderen Leistungsträgern ausgespielt werden."
Das Wachstumschancengesetz sieht eine Reihe von steuerlichen Erleichterungen für Firmen und eine Beschleunigung von Genehmigungsverfahren vor. Es sei bereits "auf einem sehr bescheidenen Niveau ausgehandelt", sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Es erscheine ihm daher nicht logisch, wenn die Union sage: "Wir wollen mehr, stimmen aber dem Wenigen nicht zu".
Im Vermittlungsverfahren wurde unter anderem eine Prämie für Investitionen in den Klimaschutz gekippt, die ursprünglich als Kern des Gesetzes galt. Lindner betonte, die Idee einer solchen Prämie werde weiter verfolgt. "So wie es den Eindruck hat, muss hier noch weitere Überzeugungsarbeit geleistet werden, dass ein solches Instrument besonders bürokratiearm und berechenbar für die Betriebe ist. Diese Anstrengungen werden wir weiter unternehmen", sagte er.
Das Gesetz beinhaltet zudem steuerliche Anreize, um den kriselnden Wohnungsbau anzukurbeln. Zur Förderung von Investitionen soll eine degressive Abschreibung eingeführt werden, durch die bestimmte Kosten leichter steuerlich abgeschrieben werden können. Für kleine und mittlere Unternehmen soll die Sonderabschreibung substanziell verbessert werden.
Wie Lindner mahnte auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig eine schnelle Einigung an. "Wir brauchen generell in diesen Zeiten das politische Signal, dass wir uns über alle Parteigrenzen hinweg auch mal einigen können", sagte die SPD-Politikerin im Deutschlandfunk. "Die wirtschaftliche Lage ist schwierig und gerade die Wirtschaft wartet auf ein Signal." Schwesig ist auch Vorsitzende des Vermittlungsausschusses und Präsidentin des Bundesrates.
Den Kompromissvorschlag halte Mecklenburg-Vorpommern für sehr gut, sagte die Ministerpräsidentin. Er sei finanzierbar und helfe insbesondere der Bauwirtschaft sowie kleinen und mittleren Unternehmen. Sie appellierte an die anderen Bundesländer, diesem Kompromiss zuzustimmen und ihn nicht mit anderen Themen zu vermischen. Die Forderung der Union könne sie in der Sache verstehen, der Agrardiesel sei aber nicht Bestandteil des Wachstumschancengesetzes, betonte Schwesig.
Die Arbeitgeber verlangten weitere Schritte, um die Wirtschaft zu unterstützen. "Wir brauchen Chancen für Wachstum auch außerhalb des Wachstumschancengesetzes", sagte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Steffen Kampeter, im ZDF-"Morgenmagazin". Das Gesetz sei nur eine von vielen Baustellen, die Wirtschaft stecke im Stau. Nötig sei eine "konzertierte Aktion" zwischen Bund und Ländern sowie Regierung und Opposition.
Ebenfalls im Vermittlungsverfahren steckt ein Gesetz, mit dem Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) einen Online-Atlas zur Behandlungsqualität der Krankenhäuser in Deutschland schaffen will. Der Bundesrat hatte das "Transparenzverzeichnis" im November vorerst abgebremst. Dort soll abrufbar sein, welche Klinik welche Leistungen anbietet und wie es mit Behandlungserfahrungen und Personalschlüsseln aussieht. Im Gesetz vorgesehen sind auch Regelungen zu zusätzlicher Liquidität in Milliardenhöhe für die Klinken.
Die FDP-Gesundheitspolitikerin Christine Aschenberg-Dugnus sagte, das Gesetz sei ein Meilenstein für die Patientensicherheit und ein wichtiger Beitrag zur finanziellen Stabilisierung der Kliniken. "Deshalb ist es wichtig, dass wir es endlich durch die Tür bringen." Der momentane Stillstand schade sowohl den Kliniken als auch den Patienten.
Eine Einigung wird im Ausschuss erwartet zu Vorschriften, die Besitzer von Aufsitzrasenmähern, Staplern und anderen fahrbaren Arbeitsmaschinen mit einer Höchstgeschwindigkeit von bis zu 20 Kilometern pro Stunde betrifft. Für diese Maschinen soll nach dpa-Informationen auch in Zukunft generell keine KfZ-Haftpflichtversicherung erforderlich sein. Von einer solchen Änderung hatte der Bundesrat Anfang Februar die Zustimmung zu dem Vorhaben abhängig gemacht. Da die Bundesregierung Strafzahlungen vermeiden will, die wegen der fehlenden Umsetzung einer EU-Richtlinie drohen, ist ihr an einem raschen Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens gelegen.