"Damit die europäische Industrie attraktiv bleibt, ist es notwendig, mit den Angeboten und Anreizen außerhalb der EU mitzuhalten", erklärte sie. Ihrer Einschätzung nach ist es dafür notwendig, die Regeln für staatliche Förderung zu lockern. Zudem müssten aber auch zusätzliche EU-Mittel bereitgestellt werden. Man wisse, dass staatliche Beihilfen nur eine begrenzte Lösung sein könnten, auf die nur wenige Mitgliedstaaten zurückgreifen könnten, erklärte von der Leyen.
Deswegen wird ihren Angaben zufolge derzeit nach einer Lösung gesucht, wie Unternehmen in EU-Staaten ohne große Fördermöglichkeiten kurzfristig unterstützt werden könnten. Mittelfristig soll dann im Zuge der für Sommer geplanten Revision des mehrjährigen EU-Finanzrahmens ein "Europäischer Souveränitätsfonds" entstehen. Zur Frage, ob für den Fonds wie bei den EU-Coronahilfen gemeinschaftlich Schulden aufgenommen werden könnten, sagte von der Leyen in Davos: "Das ist eine Frage der Verhandlungen." Derzeit werde an einer Bedarfsanalyse gearbeitet.
Das US-Programm sieht zum Beispiel Investitionen in Höhe von 369 Milliarden US-Dollar (341 Mrd Euro) vor. Es wird vor allem deswegen kritisiert, weil Subventionen und Steuergutschriften daran geknüpft sind, dass Unternehmen US-Produkte verwenden oder in den USA produzieren. "Wir sollten darauf hinarbeiten, dass unsere jeweiligen Anreizprogramme fair sind und sich gegenseitig stärken", betonte von der Leyen mit Blick auf den Streit und die laufenden Verhandlungen darüber. "Unser Ziel sollte es sein, den transatlantischen Handel und transatlantische Investitionen bestmöglich aufrechtzuerhalten."
Wie von der Leyen wenig später vor Journalisten bestätigte, wird derzeit mit den Amerikanern an einer Erklärung zum Thema gearbeitet. Es gebe "sehr konstruktive Gespräche", wie immer liege der Teufel aber im Detail, sagte sie. Es gehe darum, den Kampf gegen den Klimawandel gemeinsam noch vorne zu bringen. Dabei seien Offenheit, Transparenz und Fairness wichtig. Neben neuen Investitionen sieht von der Leyens Industrieplan unter anderem einen Bürokratieabbau für Anbieter von Produkten wie Windenergie, Wärmepumpen, Solarenergie und sauberem Wasserstoff vor. Dafür soll auch ein "Netto-Null-Industrie-Gesetz" vorgeschlagen werden, mit dem auf dem Weg zur Klimaneutralität klare Ziele für saubere Technologien in Europa bis 2030 gesetzt werden.
Weitere Punkte sind die Verringerung der Abhängigkeit von Rohstofflieferungen aus Ländern wie China, ein Programm zur Fachkräfteentwicklung sowie ein entschlossenes Vorgehen gegen Staaten, die sich nicht an die Spielregeln der Welthandelsorganisation (WTO) halten. China beispielsweise ermutige energieintensive Unternehmen mit dem Versprechen billiger Energie, niedriger Arbeitskosten und eines laxeren Regelungsumfelds, ihre Produktion ganz oder teilweise dorthin zu verlagern, erklärte von der Leyen. Zugleich subventioniere das Land seine Industrie stark und beschränke den Zugang zum chinesischen Markt für EU-Unternehmen. Erste Details zu den Plänen sollen bis Ende des Monats vorliegen. Einen entsprechenden Auftrag hatten die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten bei ihrem Treffen im Dezember erteilt. Sie wollen dann am 9. und 10. Februar bei einem Sondertreffen darüber beraten.
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