In anderen verkehrsrelevanten Branchen laufen jedoch noch Tarifverhandlungen. Schon an diesem Montag will Verdi etwa den Hauptstadtflughafen BER mit Warnstreiks lahmlegen. Hintergrund sind Verhandlungen über Zuschläge für Nacht-, Samstags-, Sonntags- und Feiertagsarbeit sowie Regelungen zur Entlohnung von Überstunden für die Sicherheits- und Servicekräfte. Die Gespräche werden bereits seit geraumer Zeit zwischen Verdi und dem Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) geführt. Im Eisenbahnsektor wiederum gehen Tarifverhandlungen bei der Deutschen Bahn am Dienstag in Fulda weiter. Dort verhandelt die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) mit dem Konzern über mehr Geld für rund 180.000 Bahnbeschäftigte. Auch hier sind jederzeit Warnstreiks möglich, die den Regional- und Fernverkehr im ganzen Land erneut lahmlegen könnten.
Die Einigung sieht unter anderem steuer- und abgabenfreie Sonderzahlungen von insgesamt 3000 Euro in mehreren Stufen vor. 1240 Euro davon sollen bereits in diesem Juni fließen, weitere 220 Euro dann jeweils in den Monaten von Juli bis Februar 2024. Ab März 2024 soll es dann als Lohnplus einen Sockelbetrag von 200 Euro brutto sowie anschließend 5,5 Prozent mehr geben. Wird dabei keine Erhöhung um 340 Euro brutto erreicht, soll der betreffende Erhöhungsbetrag auf diese Summe gesetzt werden. Bei dieser Lösung orientierten sich die Tarifparteien in großen Teilen am Kompromissvorschlag aus dem vor einer Woche beendeten Schlichtungsverfahren. Die Laufzeit der Vereinbarung soll 24 Monate betragen. Die Steigerung der Einkommen gilt für Angehörige Tausender verschiedener Berufe - unter anderem für Frauen und Männer, die als Erzieher, Busfahrer, Angestellte von Bädern, Feuerwehrleute, Kranken- und Altenpfleger, Verwaltungsangestellte, Klärwerksmitarbeiter, Förster oder Ärzte arbeiten. Es geht um das Einkommen von über 2,4 Millionen Tarifbeschäftigten der kommunalen Arbeitgeber und 134.000 des Bundes. Für die Arbeitnehmer der Länder wie zum Beispiel Polizisten oder Lehrer gilt jedoch ein eigenständiger Tarifvertrag.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) rechnete vor, dass mit diesem Abschluss eine Reinigungskraft im öffentlichen Dienst künftig 360 Euro beziehungsweise 13,3 Prozent mehr Geld erhalten werde. Verdi-Chef Frank Werneke sagte: "Eine Pflegekraft bekommt im Rahmen dieses Tarifabschlusses dauerhaft wirkend eine monatliche Entgeltsteigerung von 400 Euro. Oder ein Müllwerker oder eine Müllwerkerin von 357 Euro." Das entspreche einem Plus von 13,4 Prozent. Kritik gab es von Gewerkschaftsseite vor allem an der Laufzeit von 24 Monaten. Mehr sei bei den Kommunen nicht durchzusetzen gewesen, sagte der Bundesvorsitzende des Beamtenbunds dbb, Ulrich Silberbach.
Die Gewerkschaft Verdi startet nun eine Mitgliederbefragung zum Tarifergebnis. Theoretisch könnte diese negativ ausfallen, dann müsste neu verhandelt werden. Das gilt jedoch als unwahrscheinlich. "Wir werben ja als Tarifkommission dafür, dass unsere Mitglieder das Ergebnis annehmen", sagte Werneke. Eine besondere finanzielle Herausforderung wird die Einigung für die klammen Kommunen und Städte. Die Präsidentin der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände, Karin Welge, sprach vom "teuersten Tarifabschluss aller Zeiten", der die Städte und Gemeinden rund 17 Milliarden Euro kosten werde. "Die kommunalen Arbeitgeber sind bis an die finanzielle Belastungsgrenze gegangen mit diesem Kompromiss", sagte Welge nach der Einigung.
Für den Bund beliefen sich die Gesamtkosten des Abschlusses für die vereinbarte Laufzeit auf rund 4,95 Milliarden Euro. "Wir sind den Gewerkschaften so weit entgegengekommen, wie wir es in schwieriger Haushaltslage noch verantworten konnten", sagte Innenministerin Faeser.
dp/fa