Die Landesregierung reagiert damit auf Forderungen aus dem Kreis der Kommunen. Sie hatten sich bei einem Gespräch am Dienstagmorgen für die Bezahlkarten ausgesprochen. Der Präsident des Sächsischen Städte- und Gemeindetags, Bert Wendsche (parteilos), sagte der "Leipziger Volkszeitung", es müsse für eine Reduzierung der Zuzugszahlen möglich sein, "in verschiedene Richtungen zu denken und zu diskutieren".
Er sehe in der neuen Sozialkarte eine effiziente Lösung, sagte der Präsident des Sächsischen Landkreistags, Henry Graichen (CDU). "Die Asylbewerber haben dann ein bestimmtes Budget zur Verfügung, mit dem sie umgehen können. Damit entfällt der Anreiz, Bargeld in die Hand zu bekommen." Die Ausgaben wären für sogenannte Waren des täglichen Bedarfs bestimmt. Mit der elektronischen Karte, die wie die früheren Telefonkarten aufgeladen werden kann, könne zwar auch das Abheben von Bargeld möglich sein – "aber mit einem deutlich begrenzten Limit".
Eine Umstellung von Geld- auf Sachleistungen für Asylbewerberinnen und Asylbewerber lehnt Graichen, der Landrat vom Kreis Leipzig, hingegen ab: "Das wäre zu bürokratisch, unverhältnismäßig teuer und für die Kommunen weder personell noch organisatorisch zu leisten." Deshalb sei die Sozialkarte für den Landkreistag "das Vorzugsmodell".
Asylbewerber und Menschen mit befristeter Duldung haben in Deutschland Anspruch auf bestimmte Leistungen: Dabei handelt es sich beispielsweise um Kleidung, Nahrung oder Verbrauchsgüter. Dafür sind teils auch Wertgutscheine oder Geldleistungen vorgesehen. Die Sätze sind allerdings unterschiedlich: 278 Euro erhalten Kinder bis fünf Jahre, 410 Euro erwachsene Alleinstehende oder Alleinerziehende.
Gegner der Auszahlung argumentieren, dass das Bargeld ein Anreiz sei, um nach Deutschland zu kommen. Denn wofür Asylbewerber das Geld ausgeben, wird nicht kontrolliert. Der Vorwurf ist, dass Geflüchtete das Geld in die Heimatländer überwiesen.
Flüchtlingsorganisationen sehen die Abkehr von Bargeld kritisch. Wenn man Sachleistungen ausgebe, entmündige und diskriminiere man die Betroffenen, argumentieren Pro Asyl und der Flüchtlingsrat Berlin. Zum anderen stelle diese Praxis eine faktische Leistungskürzung dar, weil Sachleistungen nicht den individuellen Bedarf decken könnten.
Neben Sachsen haben sich bereits andere Bundesländer für die Einführung von Bezahlkarten ausgesprochen. Eine bundesweit greifende Bezahlkarte sei eine Option, die im Bundestag diskutiert werden sollte, sagte der sachsen-anhaltische Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Dabei könne man auch rechtliche Aspekte wie zum Beispiel ein Taschengeld berücksichtigen.
Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) aus Brandenburg sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Um die Anreize zur Migration nach Deutschland zumindest etwas zu verringern, halte ich die Umstellung von Barzahlungen auf Sachleistungen für einen ersten geeigneten Schritt". Thüringen hat dagegen erklärt, man plane derzeit keine Abkehr von der Bargeldauszahlung.
Die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten kommen von Mittwoch bis Freitag in Frankfurt zusammen. Die Länderchefs werden neben der Migration auch über die Energiepreise, das Deutschlandticket oder den leichteren Abschuss von Wölfen beraten. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wird bei den Beratungen nicht dabei sein. Das nächste Treffen der Länder mit ihm ist für den 6. November geplant.