Entsprechende Anzeigen tauchten demnach im russischen sozialen Netzwerk "Wkontakte" auf. Anfängerinnen würden innerhalb eines Monats an der Waffe ausgebildet. Russland führt seit 20 Monaten einen Angriffskrieg gegen das Nachbarland. Die Verluste auf beiden Seiten gelten als hoch. Nach Einschätzung des britischen Verteidigungsministeriums hat Russland bislang rund 150.000 Gefallene oder Schwerverwundete zu beklagen. Offiziell gibt es aus Moskau seit Monaten keine Angaben dazu.
Wegen der unerwartet hohen Ausfälle in seiner Armee hat Russlands Präsident Wladimir Putin im vergangenen Herbst die Mobilmachung von offiziell 300.000 Reservisten verkündet. Experten gehen davon aus, dass der Kreml angesichts der im Frühjahr 2024 geplanten Präsidentenwahl eine weitere Mobilmachung bis dahin vermeiden will und daher verstärkt Freiwillige anwirbt.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will mithilfe internationaler Konferenzen weiter für die Unterstützung seines Landes werben. "Die Aufmerksamkeit der Welt für die Ukraine, für den Schutz der Freiheit und des Völkerrechts muss gewahrt bleiben – dafür tun wir alles", sagte Selenskyj gestern in seiner täglichen Videoansprache. Bereits heute werde ein parlamentarischer Gipfel der "Krim-Plattform" stattfinden, kündigte er an. Die "Krim-Plattform", eine diplomatische Initiative Kiews, soll international Aufmerksamkeit für Missstände auf der seit 2014 von Russland annektierten Halbinsel erzeugen.
Daneben ging Selenskyj in seiner Ansprache vor allem auf die Lage an der Front ein und lobte unter anderem die Standfestigkeit der ukrainischen Soldaten im Frontabschnitt Awdijiwka. Um die Kleinstadt in unmittelbarer Nähe der bereits seit 2014 von russischen Kräften kontrollierten Stadt Donezk wird seit Monaten gekämpft. In den vergangenen zwei Wochen hat das russische Militär den Druck in der Gegend noch einmal deutlich verschärft. Mit einer Offensive versucht Moskau, die dort stationierten ukrainischen Truppen einzuschließen. Bisher ist dies den Russen aber nicht gelungen.
Nach massiven russischen Beschuss ordneten die Behörden im südukrainischen Gebiet Cherson eine Zwangsevakuierung von Familien mit Kindern an. Das betrifft gut zwei Dutzend Gemeinden und die Stadt Beryslaw am Fluss Dnipro, wie die Gebietsverwaltung gestern bei Telegram mitteilte. Einer behördlichen Aufforderung von Mitte September, sich in Sicherheit zu bringen, sind bisher nur 450 Kinder und ihre Angehörigen gefolgt.
Aufgrund von Weigerungen seien nun Zwangsmaßnahmen erforderlich, heißt es. Dem Ministerium für Reintegration zufolge werden etwas über 800 Kinder kostenlos per Bus und Bahn in sicherere Gebiete im Westen des Landes gebracht. Notwendig wurde die Verordnung wegen nahezu täglichen Artilleriebeschusses und des intensiven Einsatzes von Gleitbomben der russischen Luftwaffe gegen Ziele auf dem ukrainisch kontrollierten Ufer des Dnipro. Wiederholt wurden dabei Zivilisten getötet und verletzt.