Am Dienstagmorgen wurden zwei Gefängnisbeamte getötet und drei weitere schwer verletzt, als bewaffnete Männer einen Gefängnistransporter an einer Mautstelle in Incarville, Normandie, überfielen. Der Häftling, Mohamed Amra, der wegen schwerer Verbrechen inhaftiert war, wurde bei dem Angriff befreit. Die Angreifer, die in einem gestohlenen Peugeot und einem Audi unterwegs waren, feuerten mit automatischen Waffen auf den Gefängniskonvoi.
Der Pariser Staatsanwalt gab bekannt, dass Amra wegen schweren Raubes verurteilt und wegen Entführung mit Todesfolge angeklagt worden war. Amra wird zudem verdächtigt, in den Drogenhandel verwickelt und an Tötungen durch Gangstergruppen beteiligt gewesen zu sein.
Die brutalen Morde an den Gefängnisbeamten, den ersten seit 1992, lösten landesweit Proteste unter den Gefängnisbeamten aus. Am Mittwoch blockierten sie Gefängniseingänge und verbrannten Paletten und Reifen. Um 11 Uhr hielten sie eine Schweigeminute für die getöteten Kollegen ab und forderten mehr Sicherheit und bessere Arbeitsbedingungen.
In einem Gefängnis in der Nähe von Marseille versammelten sich über 100 Beamte unter einem Transparent mit der Aufschrift: "Wir werden nicht dafür bezahlt, zu sterben." Die Gewerkschaften forderten eine Begrenzung der Überstellung von Gefangenen zwischen Gefängnissen und Gerichtsgebäuden, um die Sicherheit der Beamten zu gewährleisten.
Erwan Saoudi von der Gewerkschaft FO Justice wies auf die katastrophalen Bedingungen in den überfüllten Gefängnissen hin: "Wenn man drei Personen in eine 9 Quadratmeter große Zelle steckt, in der nur eine Person untergebracht sein sollte, führt das natürlich zu Spannungen und Zwischenfällen."
Die französischen Behörden haben eine groß angelegte Fahndung nach Amra und seinen Komplizen eingeleitet. Hunderte Polizisten und Gendarmen sind im Einsatz, um die bewaffneten Männer zu finden und die gut organisierte Verschwörung aufzudecken. Der Fall wurde der Staatsanwaltschaft für organisierte Kriminalität übergeben.
Der Vorfall ereignete sich am selben Tag, an dem der französische Senat einen Bericht veröffentlichte, der die staatlichen Maßnahmen gegen den Drogenhandel als unzureichend kritisierte. Jérôme Durain, Vorsitzender des Ausschusses, betonte, dass der Drogenhandel eine direkte Bedrohung des nationalen Interesses darstelle und die Regierung in ihren Bemühungen versage.
Die tödliche Attacke hat die Diskussion über Recht und Ordnung, ein zentrales Thema im Vorfeld der Europawahlen, weiter angeheizt. Besonders die rechte und rechtsextreme Politik nutzte den Vorfall, um auf die Notwendigkeit verschärfter Sicherheitsmaßnahmen hinzuweisen.
Der französische Innenminister Gérald Darmanin sprach von einer "von Grausamkeit erfassten Gesellschaft" und betonte, dass der Vorfall nicht nur ein französisches, sondern ein weltweites Versagen im Kampf gegen den Drogenhandel darstelle.
Am Mittwochnachmittag will der französische Justizminister mit den Gewerkschaften der Gefängnisbeamten zusammentreffen, um über mögliche Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und Arbeitsbedingungen zu diskutieren. Die Beamten hoffen auf konkrete Lösungen, um die Gewalt und Überbelegung in den Gefängnissen zu reduzieren und ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern.
Die französische Öffentlichkeit und die politische Führung sind tief erschüttert von der brutalen Gewalt und den systemischen Problemen in den Gefängnissen des Landes. Die kommenden Gespräche werden zeigen, ob die Regierung bereit ist, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um die Sicherheit der Gefängnisbeamten zu gewährleisten und die strukturellen Probleme im Justizsystem zu lösen.