SPD: Die Sozialdemokraten müssen in ihrem einstigen Stammland die schmerzlichsten Verluste hinnehmen. Von Ende 2022 bis Oktober 2023 sank die Mitgliederzahl um rund 2500 auf 88.500. Zuletzt hatte die SPD im Jahr 2019 noch mehr als 100.000 Mitglieder in NRW. Zwar traten 2023 nach Parteiangaben immerhin mehr als 1800 Anhänger der Volkspartei bei. Dem gegenüber standen aber 3500 Abgänge, wobei der weit überwiegende Teil wie schon seit Jahren auf Todesfälle zurückzuführen ist.
Generalsekretär Frederick Cordes übt sich trotzdem in Zuversicht. Immerhin habe die NRW SPD im Jahresverlauf mehr Eintritte verzeichnet als politisch begründete Austritte. Auch wenn damit die Sterbefälle in Summe nicht ausgeglichen werden konnten, sei das "ein positives Signal in Zeiten einer hohen gesellschaftlichen Verunsicherung und Herausforderungen". Für das Jahr 2024 hat sich das neue Führungsduo Achim Post und Sarah Philipp zusammen mit Cordes einen Modernisierungskurs für die SPD mit vielen neuen Dialogformaten vorgenommen.
CDU: Einzige Partei mit mehr als 100.000 Mitgliedern bleibt im bevölkerungsreichsten Bundesland die CDU. Sie hatte nach Parteiangaben Ende 2023 mehr als 110.000 Mitglieder - das waren aber rund 2780 weniger als ein Jahr zuvor. 2249 Neueintritten standen bis Ende Oktober 4265 verstorbene oder ausscheidende Mitglieder gegenüber. Fast drei Viertel der CDU-Mitglieder sind männlich und nur 27 Prozent Frauen.
Bis Ende 2023 rechne die CDU mit fast 3000 Neuzugängen, sagt CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak. Das wären fast 50 Prozent mehr Neumitglieder als im Wahljahr 2022. Im Oktober habe die NRW CDU eine Mitgliederwerbekampagne gestartet und stärke die Mitgliederbindung durch neue Veranstaltungsformate. Dabei setze die Partei auch auf moderne, digitale Formate, um die Mitglieder in die inhaltliche Arbeit auf Landesebene einzubeziehen und den Austausch untereinander zu verstärken.
Grüne: Jahrelang zeigte die Mitgliederkurve bei den Grünen immer nach oben, doch damit ist es vorerst vorbei. Die Mitgliederzahl der Grünen, die seit Sommer 2022 in NRW Koalitionspartner der CDU sind, sank von Ende 2022 bis Mitte November 2023 um 413 auf 25 882. Während 1545 Anhänger der Ökopartei beitraten, kehrten ihr 1809 den Rücken. Ein Grund für den Schwund sind nach Parteiangaben zudem Zuzüge und Wegzüge. Dass die Mitgliederzahl stabil hoch bleibe, sei "keine Selbstverständlichkeit angesichts der herausfordernden Zeiten, in denen wir Grüne im Land und im Bund regieren", sagt der Politische Geschäftsführer Raoul Roßbach.
FDP: Schwund auch bei den Liberalen: Aktuell hat die FDP in NRW etwa 18 500 Mitglieder und damit etwa 1500 weniger als Ende 2022. In NRW sitzt die FDP in der Opposition, im Bund ist sie Teil der oft zerstrittenen Ampel-Koalition. "Auch in politisch schwierigen Zeiten bekennen sich viele Menschen zu den Freien Demokraten - das ist eine gute Nachricht", bilanziert Generalsekretär Moritz Körner.
Linke: Die Linke in NRW ist bereits sehr klein - und sie schrumpft weiter. Anfang Dezember hatte die Partei noch 7213 Mitglieder - das sind fast 570 weniger als ein Jahr zuvor. Nach dem Parteiaustritt von Sahra Wagenknecht und ihren Anhängern hofft Landessprecherin Kathrin Vogler auf neuen Schwung. So habe die Linke seit Wagenknechts Bruch mit der Linken Ende Oktober 257 Mitglieder neu gewonnen, während 225 ausgetreten seien. "Ich bewerte das als vorsichtige Trendwende, nachdem wir zuvor regelmäßig doppelt so viele Austritte wie Eintritte hatten", so Vogler. Auch die Linke will sich nun besonders darauf konzentrieren, neue Mitglieder zu gewinnen.
AfD: Im Aufwind sieht sich als einzige Partei die rechtspopulistische AfD. Seit der Amtsübernahme von Parteichef Martin Vincentz Anfang 2022 sei die Zahl der Mitglieder von 4700 auf etwa 7000 gestiegen. Allein im Jahr 2023 habe es mehr als 1000 Eintritte gegeben, so ein Sprecher. Immer mehr Bürger sähen die AfD als "einzige Alternative zur ruinösen Politik der anderen Parteien", meint Parteichef Vincentz. Das sehe man nicht nur an den Umfragewerten, sondern auch an den Parteieintritten. An die fünfstelligen Mitgliederzahlen der großen Parteien reicht die AfD allerdings längst nicht heran.